Auf unserem Weg in die autonome Mobilität müssen wir noch viele Schritte setzen. Aber eines ist klar: Moderne Technologien werden für mehr Verkehrssicherheit auf unseren Autobahnen und Schnellstraßen sorgen.

Können moderne Fahrzeuge heute schon ohne lenkende Person fahren?

Zum aktuellen Zeitpunkt ist es auf Österreichs Straßen noch nicht möglich, während der Fahrt in die Arbeit Zeitung zu lesen, online zu shoppen oder mit Mitfahrenden Karten zu spielen. Selbstfahrende Autos sind noch Zukunftsmusik, da die technische Entwicklung und die darauf aufbauenden rechtlichen Grundlagen noch nicht weit genug sind. Ein kleiner Trost: Auch in anderen Staaten ist das noch lange nicht Alltag.

Aber reden nicht viele Medien darüber?

Das stimmt, in den Medien taucht immer wieder der Begriff des "autonomen Fahrens" auf. Was hier aber tatsächlich thematisiert wird, ist das automatisierte Fahren. Automatisiertes Fahren ist in fünf Stufen gegliedert, von denen nur die fünfte als „autonomes Fahren“ bezeichnet werden kann.

Die 6 Ebenen des automatisierten Fahrens

Level 0 bedeutet gänzliche manuelle Kontrolle. Der Mensch übernimmt alle Fahraufgaben, wie Lenken  Beschleunigen, Bremsen etc., selbst.

Bei Level 1, dem assistierten Fahren, greifen Fahrer:innen auf Assistenzsysteme zurück, zum Beispiel beim Spurhalten, Spurwechseln oder auch Einparken. Der Assistent unterstützt den Fahrzeuglenkenden, dieser steuert das Fahrzeug aber immer noch aktiv. Ein bekanntes Beispiel: Die Einparkhilfe oder auch der Tempomat.

In Level 2, dem teilautomatisierten Fahren, können Fahrer:innen das Spurwechseln, Spurhalten oder Einparken in bestimmten Fällen an das Auto übergeben. Trotzdem muss die lenkende Person das Geschehen jederzeit überwachen und bei Bedarf wieder übernehmen. Die Fahrenden bleiben also stets in der Verantwortung. Ein Beispiel dafür ist der Stauassistent: Er verzögert und beschleunigt im zähfließenden Verkehr bis 65 km/h selbstständig und übernimmt auf gut ausgebauten Straßen temporär auch das Lenken.

Level 3, das bedingt automatisierte Fahren: Der oder die Fahrer:in muss das Halten und Wechseln der Spuren des Autos nicht ständig überwachen und kann kleinere Nebentätigkeiten ausführen. Das System erkennt selbstständig seine eigenen Grenzen, also jenen Punkt, an dem die Umgebungsbedingungen nicht mehr dem Funktionsumfang des Systems entsprechen. Beispielsweise kann man auf der Autobahn für längere Abschnitte das Steuern dem Fahrzeug überlassen, muss aber in kritischen Situationen wieder übernehmen können.

Systeme mit Level-4-Funktion (hochautomatisiertes Fahren) benötigen keine Unterstützung des Fahrenden mehr, sind jedoch auf einen bestimmten Funktionsbereich limitiert – etwa die Autobahn oder das Parkhaus. Hier kann der Fahrer die komplette Fahraufgabe an das System übergeben. Außerhalb dieser definierten Bereiche muss nach wie vor eine Person das Fahrzeug steuern.

Level 5, autonomes Fahren: Erst auf diesem Level übernimmt das Auto die volle Kontrolle. Level-5-Systeme benötigen in keiner Situation die Hilfe des Lenkenden.

…und auf welchem Level bewegen wir uns heute?

Durch die Vielzahl an mittlerweile in neuen Fahrzeugen verbauten, massentauglichen Assistenten ist es in der Theorie bereits möglich, teilweise automatisiert zu fahren. Beim Einparken mit dem Einparkassistenten lenkt der Wagen selbstständig und weiß durch die Abstandsensoren, wann er welchen Vorgang einleiten muss. Tempomaten erlauben während der Fahrt den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Ein Spurhalteassistent kann kurze Unachtsamkeiten während der Fahrt korrigieren, indem er beim unbeabsichtigten Spurverlassen gegenlenkt. Fakt ist jedoch, dass die Kontrolle und Entscheidungsbefugnis sowie die Haftung immer bei der Lenkerin und dem Lenker des Fahrzeugs liegen. In Österreich treffen wir also meist auf Level 2-Funktionen.

Das heißt, vollständig autonom fahrende Autos sind auf Österreichs Straßen nicht anzutreffen. Es werden jedoch automatisierte Fahrzeuge bereits im laufenden Betrieb auf unseren Autobahnen getestet – und sie unterliegen strengen Vorgaben. So muss jede Fahrt angemeldet und genehmigt werden und Fahrerin bzw. Fahrer und Fahrzeug müssen gewisse Auflagen erfüllen. Diese sind für automatisiertes Fahren in Österreich genau definiert und festgehalten. Bei jeder Testfahrt muss also eine Person hinter dem Steuer sitzen, die zu jeder Zeit das Geschehen auf der Straße beobachtet und im Bedarfsfall eingreift.

Wie die ASFINAG automatisiertes Fahren unterstützt

Die ASFINAG als Infrastrukturbetreiber führt selbst keine Testfahrten durch und ist auch nicht am Bau von automatisiert fahrenden Fahrzeugen beteiligt. Sie stellt in Österreich jedoch die Infrastruktur für automatisiertes Fahren zur Verfügung und unterstützt durch vielfältige Kooperationen die Weiterentwicklung von automatisiert gesteuerten Fahrzeugen.

Mit der ALP.Lab GmbH (Austrian Light Vehicle Proving Region for Automated Driving) in Graz und der DigiTrans GmbH (Fokus auf automatisiertem Nah- und Fernverkehr sowie automatisierter Logistik) in Oberösterreich gibt es bei uns in Österreich inzwischen zwei geförderte und kommerziell ausgerichtete Testumgebungen für automatisiertes Fahren. Ausgewiesene Teststrecken befinden sich auf der A 2 zwischen Graz-West und Laßnitzhöhe und der A 9 zwischen St. Michael und der Grenze zu Slowenien.

Eine Besonderheit stellt der Autobahnabschnitt zwischen Laßnitzhöhe und Graz Ost dar. Entlang dieser circa 20 Kilometer langen Strecke haben wir eine Vielzahl an Sensoren verbaut, um in Kooperation mit der Automobilindustrie genaue Daten zu den Testfahrten erheben, vergleichen und analysieren zu können.

Wir gehen davon aus, dass hochautomatisiertes Fahren zuerst auf Autobahnen möglich sein wird. Daher bereiten wir heute schon alles für eine mobile Zukunft auf höchstem Sicherheitsniveau vor. Es gibt drei wesentliche Themenbereiche bei denen wir als ASFINAG eingebunden sind:

  • Wir unterstützen bei Tests und Forschung. Hierfür haben wir die Testabschnitte mit zusätzlicher digitaler Infrastruktur ausgerüstet und sind in zahlreichen Gremien und Forschungsprojekten zum automatisierten Fahren vertreten.
  • Wir erhöhen die technische Zuverlässigkeit durch stationär, auf und entlang der Straße, verbaute Sensoren. Die im Fahrzeug verbauten Sensoren haben eine maximale Reichweite von 200 bis 300 Metern. Unsere stationären Sensoren (Kameras, Radar) erweitern dieses „Sichtfeld“ deutlich. 
  • Verkehrssteuerung und -management: Zukünftig könnten wir den Verkehr effektiver steuern und leiten. Eine „aktive Routenführung“, die Steuerung des Verkehrsflusses von PKW und LKW oder die Übermittlung von Verkehrsinformationen an die Fahrzeuge (z.B. Baustellen, Unfälle oder Staus) sind hier mögliche Einsatzbereiche.

Warum automatisiertes Fahren zu mehr Verkehrssicherheit führt

Wenn wir uns die jährlichen Unfallstatistiken ansehen, wird klar: Ein Großteil der Verkehrsunfälle auf unserem Streckennetz ist auf menschliches Versagen zurückzuführen. Zu den häufigsten Ursachen zählen Ablenkung, zu geringer Abstand und überhöhte Geschwindigkeit. Und genau hier können moderne Assistenzsysteme regulierend eingreifen.

Nicht nur für das einzelne Fahrzeug wird automatisiertes Fahren mehr Sicherheit bringen. Durch die Vernetzung vieler, unterschiedlicher Daten auf der Strecke, kann der Verkehr besser gesteuert werden. So werden wir etwa Staus besser vorhersagen und den Verkehr dahingehen regulieren können. Darüber hinaus halten sich hochautomatisierte und autonom fahrende Pkw und Lkw an grundlegende Verkehrsregeln, wie Abstand haltenReißverschlusssystem oder Geschwindigkeitsbegrenzungen – ganz einfach deshalb, weil sie so programmiert wurden. Der Mensch ist nunmal ein eher unvorhersehbarer Faktor im Straßenverkehr.

Trotz einer Vielzahl an Assistenzsystemen, die heute schon genutzt werden, werden wir das Steuer unseres Fahrzeugs auch in naher Zukunft nur in bestimmten Situationen aus der Hand geben können. Wir werden weiterhin wichtige Entscheidungen im Straßenverkehr selbst treffen müssen. Sollten diese Entscheidungen zu Konsequenzen führen, wird auch zukünftig der Fahrzeuglenkende die Verantwortung tragen. Automatisiertes Fahren wird hier noch viele Jahre „nur“ unterstützend wirken.

Wir stehen derzeit also noch am Beginn der Einsatzmöglichkeiten des autonom fahrenden Autos. Aber Hersteller, Forscher und auch Infrastrukturbetreiber wie die ASFINAG, arbeiten mit Hochdruck an den nächsten Schritten der Entwicklung.

Bernhard Hintermayer
Bernhard Hintermayer

Strategische Entwicklung von Rastanlagen und Multimodalität

Bernhard Hintermayer ist seit 2012 bei der ASFINAG tätig. Nach drei Jahren als Projektleiter in der Planungsabteilung ergänzte er das Team der Technischen Koordination seit 2015. Nunmehr hat er in der Abteilung Konzernsteuerung die strategische Verantwortung für die Themen „Parken und Rasten“ sowie „Multimodalität“.