Unsichtbar und unverzichtbar – Operating und Chef:in vom Dienst in der Verkehrsmanagement-Zentrale
Sie retten Leben, managen Verkehr und Notfälle, ziehen wichtige Fäden und sind eine entscheidende Schnittstelle. Wer als Operator:in bei der ASFINAG arbeitet, tritt zwar bei Autofahrenden nicht in Erscheinung, leistet aber einen essenziellen Beitrag für die Verkehrssicherheit und kümmert sich in Notfallsituationen in Windeseile um die Einleitung von Rettungsmaßnahmen. Was der Beruf noch alles mit sich bringt und wie er mit dem des Chefs:der Chefin vom Dienst verknüpft ist, erfahrt ihr in diesem Blog.Um auf unserem Straßennetz jederzeit schnell auf Ereignisse reagieren zu können, gibt es insgesamt neun Verkehrsmanagement-Zentralen (VMZ) in Österreich – acht regionale Zentralen in den Bundesländern sowie die ihnen übergeordnete nationale Zentrale in Wien-Inzersdorf. Von allen Standorten aus überwachen Operating-Teams den Verkehr in ihrem Gebiet und kommunizieren bei Ereignissen sowohl innerhalb der ASFINAG als auch mit lokalen Einsatzkräften. In der VMZ Wien-Inzersdorf gibt es neben dem Operating auch die Position Chef:in vom Dienst, von der aus das gesamte Autobahnen- und Schnellstraßennetz überwacht wird. Für diesen Blog durften wir den Mitarbeitenden dort über die Schulter schauen.
Wenn Operator Christoph seinen Dienst in der VMZ in Wien-Inzersdorf antritt, geht es meistens gleich zur Sache. So auch an diesem Dienstag, an dem er um sechs Uhr in der Früh seine Tagschicht beginnt. Kurz zuvor hat sich auf der A 22 Donauufer Autobahn ein Unfall mit vier Pkw und einem Lkw ereignet. Die Kollegen und Kolleginnen aus der Nachtschicht haben sich bereits darum gekümmert, dass die Einsatzleitung der ASFINAG sowie die nötigen Blaulichtorganisationen vor Ort Hilfe leisten, damit Verletzte versorgt und die Fahrspuren möglichst schnell wieder freigegeben werden können. Christoph übernimmt den Unfall nun, beobachtet über die Bilder der Verkehrskameras das Geschehen und bleibt mit dem Einsatzleiter via Funk in Kontakt, bis der Unfall komplett abgewickelt ist. Gleichzeitig setzt im Großraum Wien die morgendliche Rush Hour ein, die ebenfalls Beobachtung und Maßnahmen erfordert.
Ein ausgeklügeltes Ticketsystem
Während einer Schicht arbeiten an allen Standorten zwei oder drei Personen im Operating-Team zusammen. Sie sitzen vor zahlreichen Bildschirmen sowie gegenüber einer riesigen Videowall, auf der sie sich jeden beliebigen Punkt auf den Autobahnen und Schnellstraßen ihrer Region anzeigen lassen können. Die Zusammenarbeit läuft wie ein Uhrwerk, und die drei sind ständig miteinander im Austausch. Sobald sich ein Unfall ereignet, schickt eine Person die Einsatzleitung los, die nächste erstellt ein Ticket in der Ereignisdatenbank und die dritte versucht, über die Verkehrskameras möglichst viele Informationen herauszufinden. Die Aufgabenteilung funktioniert in den anderen VMZ im Land nach dem gleichen Schema. „Eingehende Situationen werden aufgeteilt“, erklärt Julia, Operatorin in St. Jakob. „Wir sind zu dritt im Team, zwei sind hauptsächlich für die Tunnel zuständig und der oder die dritte für die Verkehrsbeeinflussungsanlagen.“
Sobald die Einsatzleitung vor Ort ist, bespricht sie mit dem Operating, ob zum Beispiel die Feuerwehr, ein Abschleppwagen oder anderes Gerät nötig ist. Gleichzeitig steht das Team je nach Ereignis auch in Kontakt mit der Verkehrsleitzentrale der Polizei. Das Ticket in der Ereignisdatenbank spielt im Operating eine zentrale Rolle: Es enthält alle wichtigen Infos wie Zeitpunkt, Ort, Art des Ereignisses und Angaben zu den Beteiligten. Ist es einmal angelegt, kann der:die Chef:in vom Dienst sofort darauf zugreifen, die Informationen an die Verkehrsredaktion von Ö3 sowie andere Medien weitergeben und sie in der ASFINAG-App und auf der ASFINAG-Website verfügbar machen. Das Ticket wird außerdem vom Operating-Team laufend weiter befüllt und aktualisiert, damit das Ereignis für spätere Nachfragen und Analysen dokumentiert ist.
„Im Ticket kann ich alles ganz genau ausfüllen“, erklärt Christoph. „Durchfahrt Schneepflug, medizinischer Notfall, Personen auf der Straße, Tiere auf der Straße, verschmutzte Fahrbahn, all das kann ich auswählen. Dann gebe ich eine zeitliche Prognose ab, wie lange es circa dauern wird. Man hat das irgendwann im Gespür, wie lange welches Ereignis in etwa dauert.“ In den Ereignisdetails hält er dann noch fest, wie Straßenzustand, Witterung und Sicht an der Unfallstelle sind. Wenn alles vollständig ausgefüllt und das Ereignis beendet ist, schließt er das Ticket. Meistens wartet dann gleich das nächste auf seine Bearbeitung. „Manchmal erstellen wir in zwölf Stunden zehn Tickets und an anderen Tagen sind es 45“, sagt Christoph. „Das kommt zum Beispiel zu Ferienbeginn häufig vor.
Manager:innen pulsierender Verkehrsadern
Während die Geschwindigkeitsbegrenzungen automatisch nach Verkehrsaufkommen geregelt werden, ist im Ereignisfall der:die Operator:in dafür zuständig. „Wenn ein Lkw quer über zwei Fahrspuren steht, man links aber leicht vorbeikommt, schalte ich zum Beispiel auf 60 km/h herunter“, erläutert Christoph. „Dazu müssen wir auch eine Prüfung ablegen, denn das ist ein Eingriff in die Straßenverkehrsordnung.“ Der Operator kann außerdem von seinem Arbeitsplatz aus die sogenannten Wechsel-Wegweiser steuern, um Verkehrsteilnehmenden beispielsweise Sperren, Umfahrungen oder Wendemöglichkeiten anzeigen. Das gleiche gilt für die digitalen Wechseltextanzeigen (derzeit 47 in ganz Österreich), die sowohl automatisch als auch individuell bespielt werden. Sie können von aktuellen Reisezeiten zwischen zwei Punkten bis hin zu konkreten Warnmeldungen alles anzeigen, was gewünscht ist.
Neben der Koordination bei Unfällen sorgt das Operating-Team auch für die Kontrolle der technischen Anlagen. Wenn in einem Tunnel ein Lüfter ausfällt oder der Sensor eines Gewässerschutzbeckens einen zu hohen Wasserstand meldet, verständigt das Team die Instandhaltungstechniker:innen. Diese rücken dann aus, um die Anlagen zu prüfen und zu reparieren. Sollte dafür das Sperren eine Fahrspur oder eine andere Art der Absperrung nötig sein, wird diese von der zuständigen Autobahnmeisterei eingerichtet und das Operating darüber informiert. Die Techniker:innen melden sich beim Operating jeweils vor Beginn an und nach Beendigung der Arbeit ab. Zu den akuten Ereignissen kommen für Christoph also noch zahlreiche weitere Abwicklungen dazu, die er im Blick behalten muss.
Höchste Konzentration im Schichtdienst
Wie bleibt man eine ganze Schicht lang konzentriert – speziell in der Nacht? Christoph arbeitet in der VMZ Wien-Inzersdorf jeweils zwölf Stunden von 6 bis 18 Uhr oder von 18 bis 6 Uhr. Julia arbeitet am Standort St. Jakob jeweils acht Stunden (6-14 Uhr, 14-22 Uhr, 22-6 Uhr). „Wie bei jedem anderen Job können auch wir zwischendurch Bildschirmpausen einlegen“, sagt Christoph. „Kurz mal rausgehen und frische Luft schnappen ist kein Problem, da wir ja immer zu dritt sind.“ In seiner Freizeit verbringt er möglichst viel Zeit im Freien, um den nötigen Ausgleich für die Schichten vor den Bildschirmen zu schaffen. Außerdem folgen auf zwei Tag- und zwei Nachtschichten in der Regel fünf arbeitsfreie Tage, während der Christoph reichlich Zeit für Freizeitaktivitäten und Schlaf zur Verfügung stehen. „Eine super Work-Life-Balance“, findet er. Für ihn und für Julia sind aber nicht die Arbeitszeiten entscheidend für ihren Beruf, sondern die Freude am Operating und an der ständigen Abwechslung, die der Job mit sich bringt. „Jeder Dienst ist anders“, schildert Julia. „Man erlebt viel und sieht viel.“ Gerade in ihrer Region mit insgesamt 241 Kilometern Strecke gibt es zahlreiche Tunnel, die im Ereignisfall automatisch auf Gelb geschaltet werden, und in denen möglichst kein Stau entstehen soll. Die hochmoderne Tunneltechnik sorgt zwar für hohe Sicherheit, aber letztlich ist es das Operating-Team, das alles überwacht.
Für Christoph zählt vor allem, dass er Menschen in brenzligen Situationen helfen kann. „Wenn jetzt im Tunnel ein Fahrzeug eine Panne hat und du über die Kameras Personen darin siehst, sorgst du dafür, dass die Stelle schnellstmöglich abgesichert wird und dass die Rettungskette funktioniert.“ Und auf genau diese Hilfe können sich Autofahrende in Österreich 365 Tage im Jahr und um die Uhr verlassen.
Chef:in vom Dienst: das ganze Land immer im Blick
Während das Operating die erste Anlaufstelle für sämtliche Ereignisse auf den Autobahnen und Schnellstraßen in ihrer zuständigen Region ist, hat der:die Chef:in vom Dienst (CvD) ganz Österreich im Blick. Jeweils zwei CvDs arbeiten in Zwölf-Stunden-Schichten 365 Tage im Jahr 24 Stunden täglich in der VMZ Wien-Inzersdorf. Bei ihnen laufen alle Tickets, die an den neun regionalen Standorten erstellt werden, zusammen und müssen teilweise blitzschnell, je nach Wichtigkeit, bearbeitet werden. Lukas arbeitet seit 2019 als CvD und erklärt den Ablauf: „Das Operating befüllt das Ticket mit den wichtigsten Daten. Die Ereignisdatenbank baut daraus eine Meldung zusammen, die ich kontrolliere und in der ASFINAG-App und auf der ASFINAG-Homepage veröffentliche. Außerdem informiere ich unsere Partner, zum Beispiel Ö3.“ Je nach Schwellenwert muss er entscheiden, wie weit ein Ereignis kommuniziert wird. Eine Totalsperre, die länger als eine Stunde dauert oder Unfälle und Ereignisse mit einer Staulänge über sieben Kilometer bedürfen zum Beispiel weiterer Handlung. Dann setzt sich Lukas mit dem Presse-Team und den nötigen Abteilungen der ASFINAG in Verbindung, um sie über die genauen Schäden, zum Beispiel an Bausubstanzen, in Kenntnis zu setzen.
Über die laufende Bearbeitung des Tickets durch das Operating erhält Lukas alle wichtigen Informationen und entscheidet jeweils um 6 und um 18 Uhr, welche Ereignisse er via Zusammenfassung per Mail an einen internen Verteiler ausschickt. „Wir filtern sämtliche bundesweiten Informationen nach Wichtigkeit und Priorität“, fasst er zusammen. „Und wir geben die Ereignisse mit längeren Verkehrseinschränkungen und Gefahr in Verzug, zum Beispiel bei Teilen auf der Fahrbahn, an die Medien weiter.“ So werden Verkehrsteilnehmende früh gewarnt.
Herzstück Ereignisdatenbank
Auch die CvDs befüllen die Tickets in der Ereignisdatenbank mit Infos. Ist ein Ticket abgeschlossen, bleibt es im Archiv, um bei Anfragen von Behörden stets abrufbar zu sein. Für die Behördenkontakte ist Lukas ebenfalls zuständig: „Da kommen Anfragen rein, wie zum Beispiel, wenn jemand eine Radar-Strafe bekommen hat und Einspruch dagegen erhebt. Anhand des Tickets können wir dann beweisen, ob wirklich ein 60er und 80er geschalten war, und dass der Verkehrsteilnehmer oder die Verkehrsteilnehmerin zu schnell war.“ Weiters erstellen die CvDs regelmäßig Medienspiegel über Großereignisse. Dafür sucht Lukas Berichte heraus und stellt sie seiner Abteilungsleitung für Nachbesprechungen zur Verfügung. Lukas‘ Kollege Daniel sieht die CvD-Position als die „Front-Feuerwehr, wenn es um Informationen geht.“ Die entscheidenden Kontakte – sowohl extern als auch intern – werden angerufen, um sämtliche Vorkommnisse möglichst schnell zu regeln.
Ein Traumjob in Zwölf-Stunden-Schichten
Für Lukas liegt der Reiz an seinem Beruf in der Abwechslung. „Es ist jeden Tag anders. Es sind oft Unfälle – ja, aber jeder Unfall ist auf seine Art und Weise speziell,“ schildert er. „Man kann nie jeden gleich abhandeln, je ereignisreicher, umso mehr Arbeit ist es, umso mehr muss man aufarbeiten und das macht das ganze spannend. Du kommst um 18 Uhr in den Dienst und du weißt nicht, was dich heute erwartet.“ Sein beruflicher Weg wurde dem Kärntner quasi in die Wiege gelegt. Sein Vater ist in der Instandhaltungstechnik tätig und schon sein Großvater hat für die ASFINAG gearbeitet. „Ich habe als kleines Kind schon mit meinem Papa Nachtschichten gemacht“, erinnert er sich. Nachdem Lukas einige Jahre als Operator in Klagenfurt für das Verkehrsmanagement zuständig war, wechselte er 2019 nach Inzersdorf. „Mich hat der CvD-Posten schon immer interessiert, daher habe ich mich bei meiner Führungskraft erkundigt.“ Ein Jahr später erfüllte sich sein Wunsch. „Und das macht mir wirklich Spaß. Es war ein richtiger Schritt“, freut er sich. Durch die freien Tage zwischen dem Schichtdienst kann er regelmäßig in die Heimat fahren und seine Familie besuchen.
Ein technischer Background ist unerlässlich
„Sobald ein Alarm oder ein Einsatz reinkommt, ist man sofort auf 100 Prozent.“ Ihr technischer Background, die Voraussetzung für den Beruf, hilft den CvDs bei ihrer Arbeit. Zwar führen sie selbst keine Reparaturen aus, aber „es geht im Endeffekt darum, dass man technische Abläufe verstehen und nachvollziehen kann“, so Daniel. „Wir müssen verstehen, warum eine Brand-Einrichtung im Tunnel ausfällt, und das dann für die Medien und die Presseabteilung übersetzen. Außerdem sei es als CvD auch hilfreich, wenn man davor im Operating gearbeitet hat.
Operator Christoph, Operatorin Julia und die Chefs vom Dienst Lukas und Daniel sind in jedem Fall echte Multitasker. Es gelingt ihnen nicht nur der Spagat zwischen all den offenen Tickets in ihrer Ereignisdatenbank, sondern sie schaffen auch den Austausch untereinander und haben stets ein offenes Ohr für ihre Teammitglieder.
Wie wird man Operator:in bzw. Chef:in vom Dienst?
Für beide Berufe ist eine technische Ausbildung Voraussetzung. Mitbringen muss man außerdem:
- Stressresistenz
- Multitasking-Fähigkeiten
- Bereitschaft zum Schichtdienst
Während für das Operating keine Berufserfahrung nötig ist, ist es für die CvD-Position von Vorteil, wenn man vorher im Operating tätig war.
Weitere Details zur Karriere bei der ASFINAG findet ihr hier.