Der Mann mit dem Lawinen-Sprengknopf
Was haben Schneelawinen mit einer Autobahn zu tun? Nichts, möchte man meinen. Sehr viel, wenn man Franz Rettensteiner von der Autobahnmeisterei Flachau fragt. Er ist nämlich derjenige, der die A 10 jedes Jahr mehrmals vor solchen schützt. Indem er rechtzeitig aufs Knöpfchen drückt.Wie alles begann
Es war im Jahr 2004. Eine Lawine donnerte nahe Flachauwinkel talwärts und die A 10 Tauern Autobahn war dabei auch ein bisschen im Weg. Die Folgen waren zum Glück glimpflich. Die Autobahn musste zwar gesperrt werden, zu Schaden kam aber niemand. „Damals wurde beschlossen, dass wir eine Lawinensprenganlage am Benzegg bauen“, erinnert sich Franz Rettensteiner. Und weil jemand für so etwas auch zuständig sein muss, machte der Mitarbeiter der Autobahnmeisterei Flachau auch gleich die Ausbildung zum Sprengmeister und anschließend zum Lawinensprengmeister.
Zum Drüberstreuen kam schlussendlich noch eine Spezialausbildung dazu, damit er auch vom Hubschrauber aus seine Sprengladungen abwerfen darf. „Aber das machen wir kaum noch“, sagt er, wobei im Tonfall ein leichtes Bedauern mitschwingt.
Franz Rettensteiner ist seit 2003 bei der ASFINAG, verheiratet und Vater von drei Kindern. Der in Reitdorf in Flachau lebende Salzburger ist nicht nur dienstlich ein Bergfex, auch privat gehören Tourengehen im Winter und Wandern im Sommer/Herbst zu den bevorzugten Hobbys, zusätzlich noch Schwimmen und Radfahren.
Alle Jahre wieder - Sprengalarm
Spannend ist der Job für Rettensteiner aber auch ohne Hubschrauber. Seit Herbst 2020 gibt es drei neue Anlagen mit anderer Funktionsweise. Die Anlagen steht zwar immer noch auf mehr als 2000 Meter Höhe und ist mit 12 Patronen ausgerüstet. Im Sommer steht jedoch nur noch der Mast am Berg und das Magazin wird erst im Herbst mit dem Hubschrauber eingeflogen und im Frühjahr wieder geholt – die Wartung findet im Tal statt, auf sicherem und stabilen Boden.
Seit Winter 2019/2020 wird Franz von der Firma Höhenarbeit GmbH bei den Lawinensprengungen, Befüllung und Beladen der Anlagen unterstützt.
Reichweite bis zu 100 Meter Entfernung
Bis zu sieben Patronen werden bei diesem Vorgang abgeschossen – alles elektronisch natürlich. „Zuvor beraten wir uns in der Lawinenkommission, dann wird die Autobahn gesperrt und bei Bedarf gesprengt. Das mach ich entweder in der Meisterei am Computer oder von unterwegs per Laptop.“ Die Patronen sind alle bereits exakt auf die gefährlichen Hänge ausgerichtet. Bevor die Schneedecke eine kritische Größe erreichen kann, wird vorsorglich gesprengt und die Lawine ausgelöst. Von 30 bis zu 100 Meter weit beträgt die Reichweite der zweieinhalb Kilo schweren und etwa 30 Zentimeter langen Raketen.
Gefährlich sei das nicht – das Be- und Entladen hingegen schon ein wenig. „Da sollte jeder Handgriff sitzen, weil da der Sprengstoff der Treibladung natürlich scharf ist“, weiß Rettensteiner. Und das weiß auch seine Familie. Aber die seien das einerseits gewohnt, andererseits habe er ja nicht umsonst eine derartige Ausbildung gemacht.