Solide Grundlage: Bodenzusammensetzung und Gesteinsproben

Ohne eine sorgsame Vorbereitung und Planung läuft beim Tunnelbau gar nichts. Bevor wir mit dem Bau beginnen, muss das Gelände, wo der Tunnel entstehen soll, genau vermessen werden. Nur so können wir sicherstellen, dass die Röhre am Ende auch wirklich dort herauskommt, wo sie herauskommen soll. Nur wenn wir alle notwendigen Informationen über die Beschaffenheit des Gesteins und der Bodenzusammensetzung wissen, können wir die richtigen Baumaßnahmen planen. Wir müssen möglichst genau wissen, wie der Untergrund aufgebaut ist und welche Prozesse in ihm ablaufen.

Dazu werden bei Erkundungsbohrungen Gesteinsproben bis zu einer Tiefe von mehreren hundert Metern gezogen und eine große Anzahl an Bohrkernen gewonnen. An diesen Proben werden schließlich gezielte Versuche durchgeführt, um Kennwerte wie Dichte, Zusammensetzung oder Festigkeit zu bestimmen. Je nachdem wie fest das Gestein ist, wird entschieden, ob der Tunnel überhaupt gebaut werden kann und wie er gesichert werden muss.  

Sicherheit geht vor: Vereisungsring statt Schwimmreifen

Wichtig für den Tunnelbau ist immer, dass die gewählte Baumethode zu den geologischen Gegebenheiten passt. Ergeben die Gesteinsproben zum Beispiel, dass eine hohe Bodenfeuchte vorherrscht, muss der Arbeitssicherheit Vorrang gegeben werden. So etwa durch Bodenvereisung.

Dabei wird der umgebende Boden oder das umgebende Gebirge, durch künstliches Gefrieren verfestigt und relativ wasserundurchlässig gemacht. Das dabei entstehende Eis verleiht dem Untergrund Stabilität und schützt vor die Mineure. Zum Gefrieren werden Rohre in den Boden gesetzt, durch die ein Kältemittel strömt und so dem Boden Wärme entziehen. Nach einer gewissen Zeit bildet sich ein sogenannter „Vereisungsring“.

Sehr einfach gesprochen, laufen folgende Schritte ab:

  • Der Boden rings um die Stelle eines neuen Querschlages wird eingefroren
  • Danach erfolgt der Abtrag des Materials
  • Schließlich wird der Arbeitsbereich mit Spritzbeton gesichert

Erst jetzt wird das abgetragene Material verladen und abtransportiert und der Bau des Tunnels kann fortgesetzt werden. Dieses schrittweise Vorgehen mit einer klaren Abfolge nennt man auch ein zyklisches Vortriebsverfahren, zu dem eben auch die NÖT zählt.

Die Neue Österreichische Tunnelbaumethode (NÖT) - ein Quantensprung für die Sicherheit

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Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten einen Tunnel aufzufahren. Baggern oder Sprengen sind die zwei bekanntesten Methoden. Gesprengt wird grundsätzlich dort, wo das Material, sehr fest ist – so etwa massiver Fels, wie zum Beispiel an der A 26. Gebohrt wird hingegen, wo das Gelände und die Struktur des Bodens es zulassen.

Eine Bauweise, die sich in den letzten Jahrzenten besonders bewährt hat, ist die Neue Österreichische Tunnelbaumethode. Und wie Sie bereits aus dem Namen herauslesen können, war Österreich hier Namensgeber und Vorreiter. (Wie es dazu kam, können Sie auf Wikipedia nachlesen.)

So neu ist die NÖT aber im Grunde gar nicht mehr. Sie wurde schon in den 1950er Jahren als neuartiges Ausbaukonzept von Tunnel unterschiedlicher Art entwickelt. Eines der Hauptmerkmale ist die möglichst sofortige Sicherung des unmittelbaren Ausbruchsbereichs – das ist jener Bereich, in welchem der Vortrieb stattfindet. Das ist auch einer der kritischsten Bereiche, was die Sicherheit der Mannschaft anbelangt. Diese sofortige Sicherung wird bei der NÖT vor allem durch die Anwendung von Spritzbeton erreicht. Im Zusammenwirken mit Bögen, Bewehrungsmatten und Ankersystemen kann sofort nach dem Abbau oder der Sprengung ein sicherer Arbeitsraum geschaffen werden. Dadurch wird das umgebende Gebirge zum Mittragen veranlasst und so selbst zu einem Teil des Tunnelbauwerks.

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Vor der NÖT mussten freigesetzte Tunnelabschnitte erst Schritt für Schritt, etwa mit Holzverbauten ähnlich wie in Bergwerken, gesichert werden, um weiterarbeiten zu können. Das dauerte nicht nur länger, es war auch um ein Vielfaches gefährlicher. Für die endgültigen Tunnelbauarbeiten mussten diese Sicherungssysteme aus Holz dann wieder mühsam entfernt werden, damit die Tunnelwände aus Naturstein oder Ziegelmauerwerk hergestellt werden konnten. Ein dauerhaft gesicherter Arbeitsraum war also nicht vorhanden. Durch das mehrmalige Bearbeiten der Tunnelwände wurde das anstehende Gebirge oftmals aufgelockert und entfestigt. Die Unfallzahlen lassen die Tragödien erahnen: Mehr als ein Opfer pro Tunnelkilometer waren damals leider keine Seltenheit. Die NÖT hatte dieses massive Sicherheitsproblem für Arbeitende erstmals gelöst.

Kennen Sie schon unseren Blogbeitrag zum Bau des Arlbergtunnels? Damals war Tunnelbau noch ein gefährliches Abenteuer.

Tunnelsicherheit entlang der Autobahn

Wenn Sie auf unserem Streckennetz unterwegs sind, fahren Sie durch einige Tunnel, die mithilfe der NÖT sicher gebaut wurden. Darunter fallen zum Beispiel der Bosrucktunnel, der Gleinalmtunnel oder auch der Karawankentunnel, dessen Ausbau auf zwei Röhren gerade in vollem Gange ist. Gemeinsam mit dem slowenischen Autobahnbetreiber DARS nehmen wir unsere Verantwortung als Mobilitätspartner, Regionen und Menschen sicher zu verbinden, wahr. Dabei steht die Sicherheit aller Beteiligten im Fokus, nicht erst beim Fahren auf der Straße und durch den Tunnel, sondern eben auch beim Bau.

Christoph Ilias
Christoph Ilias

Bautechniker Ost

Christoph Ilias arbeitet seit 2015 bei der ASFINAG und beschäftigt sich als Projektsteuerung für die S 1 Wiener Außenringschnellstraße nicht nur mit dem übergeordneten Projektmanagement von großen Bauvorhaben, sondern auch mit neuen Verfahren und Techniken im Rahmen der digitalen Bauabwicklung.