Von Musketenkugeln und Schlamm

Seit dem Frühjahr laufen die archäologischen Grabungen auf der Trasse der zukünftigen S8 Marchfeld Schnellstraße. Dabei haben die für die ASFINAG tätigen Expertinnen und Experten bereits einige spektakuläre Funde aus den napoleonischen Schlachten von 1809 bei Deutsch Wagram zu Tage gefördert. Auch im Winter werden die Arbeiten unter teils widrigen äußeren Bedingungen fortgesetzt, größtenteils in Handarbeit nahe dem Erdboden.
Es sind jedoch nicht nur die großen Funde wie Überreste von Stellungen oder gefallenen Soldaten, die Einblicke in Abläufe der Ereignisse erlauben. Auch kleine, massenhaft auftretende und auf den ersten Blick wenig bedeutsame Objekte können bei genauerer Betrachtung großen Erkenntnisgewinn bringen.
Wie findet man diese kleinen Objekte?

Mit Metalldetektoren sucht das Grabungsteam um Alexander Stagl und Slawomir Konik, von der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) vdarch, den Untergrund nach Metallgegenständen ab. Wo sie genau suchen müssen erklärt Herr Konik, Grabungsleiter vor Ort, so: „Anhand von sehr genauen historischen Aufzeichnungen über die Aufstellung der Herresverbände können wir einschätzen wo wir suchen müssen“. Dabei wird auch die damalige Waffentechnik und damit verbundene Gefechtsführung berücksichtigt. „Die Schussweiten waren relativ gering. Um wirkungsvolle Treffer zu landen musste man den Feind schon auf rund 70 Meter herankommen lassen. Man konnte da schon das Weiße in den Augen des Gegners sehen“, so Konik in seiner sehr anschaulichen Schilderung.
Funde geben ihre Geschichte preis - Schlachtfeldarchäologie

Die gefundenen Gegenstände werden vermessen, gereinigt und katalogisiert (bisher rd. 10.000 Objekte). Dabei werden zum Beispiel die Musketenkugeln gewogen, um bestimmen zu können, ob diese abgefeuert wurden oder nicht. Die Ergebnisse werden in einem Geoinformationssytem erfasst und nach Fundtyp dargestellt. So lässt sich anhand der Geschossverteilung die Aufstellung der Verbände nachvollziehen. Solche archäologischen Untersuchungen werden unter dem Fachgebiet der „Schlachtfeldarchäologie“ zusammengefasst, für das es an der Universität Glasgow sogar eine eigene Studienrichtung gibt.

Der Fund weiterer Ausrüstungsgegenstände lässt anhand von Nummerierungen Rückschlüsse auf die eingesetzten Regimenter zu, was durch die historischen Aufzeichnungen verifiziert werden kann. Zum Beispiel wurden Uniformknöpfe des 23. und 16. Französischen Regiments an einer Stelle gefunden, an der diese nicht eingesetzt waren. Es wird vermutet, dass diese aus der Trophäensammlung eines österreichischen Soldaten stammen. Die Knöpfe wurden den Besiegten einfach abgeschnitten, das Schicksal des Erbeuters liegt allerdings noch im Verborgenen.
Urgeschichtliche Siedlung vermutet

Es treten jedoch nicht nur relativ junge Funde zu Tage. Im Bereich des Russbachs wird unter anderem anhand von Luftaufnahmen eine urgeschichtliche Siedlung vermutet. Erste Befunde nach Abtrag des Oberbodens scheinen das zu bestätigen.
Keramische Funde lassen auf eine Siedlung der Latènekultur (c.a. 400 v. Chr.) schließen. Das ist jedoch eine andere Geschichte, über die wir an dieser Stelle sicherlich berichten werden sobald mehr freigelegt wurde.
Die Grabungsarbeiten laufen für die S 8 auf einer Gesamtfläche von 30 Hektar noch bis Mitte des Jahres 2018, dabei werden durch die ASFINAG rund drei Millionen Euro in die Untersuchungen investiert.
































Herr Ilias, ich habe eine Frage zum Verständnis bitte! Mich interessiert inwieweit sich verschossene von nicht verschossenen Projektielen (ich vermute das Material ist Blei) unterscheiden. Ist der Abrieb den der Lauf beim abfeuern verursacht meßbar?
Hallo, ja die Musketenkugeln waren damals aus Blei gefertigt. Anhand dem Fundort, der Deformation und anderer Abnützungsspuren kann man darauf schließen, ob die Kugel abgefeuert wurden oder nicht.
Sehr geehrter Herr Ilias, ich würde mich freuen, wenn Sie aus Gründen des Datenschutzes das amtliche Kennzeichen meines Privat-Kfz unkenntlich machen würden. Herzlichen Dank!
Lieber Herr Dr. Jones. Uje, wir haben ihr Kennzeichen in dem Bild leider übersehen... Wir haben nun im ersten Schritt das Bild sofort entfernt und werden das Kennzeichen natürlich unkenntlich machen. Danke für ihr Nachsehen. Liebe Grüße, Ihre ASFINAG.
Sehr geehrter Herr Ilias, danke für Ihre Antwort, würde mich wirklich sehr freuen wenn sich eine Besichtigung im Mai realisieren lassen würde. Habe erst vor kurzem die Bücher "Das Kriegsjahr 1809" und "200 Jahre Marchfeldschlachten" wiederum durchgelesen. Und finde es sehr interessant nun durch die Professionellen Grabungsarbeiten immer wieder auch neue tolle Artikel im Standard vorzufinden wie z.B. den vom 5.4.2018 "Tod, Krankheit, Schmerzen: Das Leben der Soldaten vor der Schlacht um Wagram". Die Stadt Archäologie hat ja bereits letztes Jahr das Buch "Napoleon in Aspern - Archäologische Spuren der Schlacht 1809" von den Grabungsarbeiten rund um die Seestadt herausgebracht. Denke wenn Sie nach Ende der Grabungsarbeiten der S-8 noch mehr tolle Ergebnisse über des Kriegsjahr 1809 in Wagram ausgegraben haben werden, das es dann vielleicht einen tollen Schlachtfeldarchäologie Bericht in Buchform mit vielen Fotos und Plänen des Schlachtverlaufes geben wird. Würde mich wirklich freuen wenn es im Mai mit einer Besichtigung klappen würde. Hoffentlich gibt es noch weiterhin viele tolle und interessante Funde!
Sehr geehrter Herr Fischer, ich habe den Wunsch nach einer Besichtigung an die Projektleitung S8 weitergegeben und wir suchen noch nach einem geeigneten Termin. Eine Publikation zum Thema "Schlachtfeldarchäologie bei Bauvorhaben" ist angedacht und sollte voraussichtlich Ende diesen Jahres erscheinen. Zusätzlich werden wir einen Raum der kommenden Sonderausstellung "Krieg" im Naturhistorischen Museum Wien mit diesem Thema bespielen. http://www.nhm-wien.ac.at/ausstellung/sonderausstellungen/krieg
Sehr geehrter Herr Fischer, danke für das Lob, ich werde mich bemühen diesen Qualitätslevel zu halten. Weitere Berichte zu diesem Thema werden wir im Laufe des Jahres veröffentlichen. Derzeit sind keine Führungen von uns geplant, ich nehme diese gute Anregung jedoch auf und werde sie an die Projektleitung herantragen. Möglicherweise lässt sich eine Besichtigung im Mai realisieren, ich halte sie dazu am Laufenden.
Toller Artikel, da bekommt man Lust auf mehr Infos und Details darüber. Gibt es denn auch Führungen in diesem Abschnitt von Seiten der ASFINAG, denn erst so ein Einblick in die Grabungsarbeit macht die Geschichte lebendig und interessant. Oder darf man dem Grabungsteam auch bei der arbeit mal zusehen? Würde mich über eine positive Rückmeldung freuen.
Ich freue mich auf weitere interessante Berichterstattungen von dir! Sehr schön geschrieben - da schlummern anscheinend unerkannte Talente.....