Der jüngste Sicherheitsausbau im Arlbergtunnel von 2014 bis 2017 war eine Baustelle der Superlative: 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichzeitig im Tunnel, zwei Vollsperren, 155 Millionen Euro Investition. Aber solche Zeiten, in denen Arbeitende wie Ameisen im Tunnel werkelten, hatte der längste Straßentunnel Österreichs schon in den 1970er bereits hinter sich. Nämlich während des Baus. Das weiß Anton Auer ganz genau: Er kam im August 1974 mit 22 Jahren von Kärnten nach Tirol, um am damals größten Bauprojekt Österreichs mitzuarbeiten - am Bau des Arlbergtunnels.

Respekt und Staunen

Anton Auer ist gelernter Installateur und arbeitete damals in Deutschland. Als er von Freunden erfuhr, dass es als Mineur beim Bau des Arlbergtunnels gutes Geld gab, zögerte er nicht und verließ sein Heimatdorf Metnitz in Kärnten in Richtung Tirol. „Ich hatte ein mulmiges Gefühl im Bauch. Ich war ja noch nie auf so einer großen Baustelle“, erinnert sich Auer. Die erste große Tunnelbaustelle flößte dem Kärntner gehörigen Respekt ein: Je 500 Arbeiter gruben sich von beiden Seiten aus durch den Berg – 1.000 Meter Fels über den Köpfen in einem dunklen Loch.

Sein Job damals: Er fuhr den Bohrwagen und war als Schlosser für die schnellen Reparaturen verantwortlich. Erst gab’s eine kleinere Version, dann einen Wagen mit vier Armen. „Das Team war alles und unschätzbar wichtig. Vier ,Bohristen‘ werkten am Wagen, während ich dafür sorgte, dass alles läuft. Wenn ein Bohrarm ausfiel, verlor man Zeit. Und Zeit war kostbar im Tunnel“, so Auer. Jeder Handgriff musste sitzen: Anker im 90-Grad-Winkel vier Meter tief in den Fels jagen, sprengen und schuttern. Das Tempo war mörderisch.

Vier-Tages-Rhythmus im Blut

Vier Tage Nachtschicht, danach vier Tage Mittagsschicht, gefolgt von vier Tagen Frühschicht und danach vier Tage Urlaub. Die Arbeitszeiten gingen in Fleisch und Blut über. „Manchmal gab es auch längere Schichten, da viele oft auf dem Weg zum Zug in Richtung Heimat waren. Schließlich waren wir Kärntner ja in der Überzahl“, lacht er. Nur wenige Tiroler arbeiteten damals unter Tage – aus Kärnten, Steiermark oder Oberösterreich verschlug es die meisten hierher. „Es war hart, aber ich bin stolz, beim Bau des größten Bauwerks des 20. Jahrhunderts dabei gewesen zu sein“, erinnert sich Auer. Aber nicht alle Erinnerungen waren so schön.

Pro Kilometer ein Toter

Leider war der Arlbergtunnel auch eine Baustelle voller Tragik. Das alte Sprichwort des damaligen Tunnelbaus: pro Tunnelkilometer ein Toter. An vierzehn verunglückte Kameraden kann sich Auer erinnern. „Entweder von einer Arbeitsmaschine an die Wand gedrückt, beim Schienenabbau verletzt oder bei der Montage von Leitschienen gestorben“, so Auer. Und hier sieht er den größten Unterschied zum Tunnelbau von heute. Logistik, Technik und Ausrüstung sind viel besser geworden. Es ist sicherer geworden auf Österreichs Tunnelbaustellen. „Damals war Tunnelbau ein gefährliches Abenteuer.“

Am Ende des Tunnels

Die Gemeinde St. Jakob am Arlberg wurde seine neue Heimat - der Arlbergtunnel blieb seine berufliche Heimat: erst bei der Arlberg Straßentunnel AG und dann bei der ASFINAG – für ganze 33 Jahre. Mittlerweile genießt Anton Auer seinen Ruhestand. Der Arlbergtunnel lässt ihn aber nach wie vor nicht los: Jeden Tag blickt er von seinem Haus aus auf den Lüfterturm seiner ersten großen Tunnelbaustelle.

Anton Auer (65 Jahre), gebürtiger Kärntner, kam im August 1974 zur Baustelle Arlbergtunnel nach St. Jakob am Arlberg. Bis zur Fertigstellung arbeitete der gelernte Installateur am Bohrwagen oder beim Schuttern. 33 Jahre lang war er im Betrieb am Arlberg bis zu seiner Pensionierung 2013 tätig. Seine Frau Rita lernte er in der Werkskantine keine 800 Meter vom Tunnelportal entfernt kennen. Er lebt seitdem in St. Jakob am Arlberg. Sein Sohn Christian ist in zweiter Generation bei der ASFINAG in St. Jakob tätig.

Interessant: 

  • Der Arlbergtunnel ist mit 13.972 Meter der längste Straßentunnel Österreichs
  • 8.000 Fahrzeuge fahren täglich durch ihn hindurch.
  • Über 80 Millionen Fahrzeuge sind seit der Verkehrsfreigabe vor 40 Jahren durch ihn hindurchgefahren
  • 2004 bis 2007: Der Tunnel bekommt acht Flucht- und Rettungswege, die ihn seitdem mit dem parallel verlaufenden Bahntunnel verbinden.
  • 2014 bis 2017: Der Tunnel wird umfassend saniert. Er bekommt 37 zusätzliche Fluchtwege und acht weitere Pannenbuchten werden errichtet. Neuartige LED Beleuchtung sowie modernste Sicherheitstechnologie mit Thermoscanner und Hochdrucksprühnebelanlage.
Alexander Holzedl
Alexander Holzedl

Pressesprecher im Westen

Ist seit 2007 für die ASFINAG im Einsatz und kümmert sich als Pressesprecher um Tirol, Vorarlberg und um die Angelegenheit der Maut. Für Alex im Vordergrund: der tägliche Kontakt mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um stets up-to-date zu bleiben. Es gibt täglich etwas Neues zu erfahren und somit täglich etwas Interessantes zu erzählen.