Ein Tunnel als komplexe technische Anlage

Die ASFINAG betreibt auf dem österreichischen Autobahn- und Schnellstraßennetz 166 Tunnelanlagen unterschiedlicher Länge. Die knapp über 400 Tunnelkilometer bestehen aus sehr kurzen Grünbrücken, die kaum technische Ausstattung aufweisen, bis zum 14 Kilometer langen Arlbergtunnel, der hoch technisiert ist.

Wie schaut die technische Ausstattung aus? Wir unternehmen eine Fahrt durch den Tunnel:

  • Am auffälligsten ist die Beleuchtung, die für eine sichere Fahrt sorgt.
  • Auch Verkehrszeichen, Notrufeinrichtungen und die Bordsteinbeleuchtung sind für die Lenkenden sofort zu erkennen.
  • Wer aufmerksam schaut, sieht auch noch Ampeln, Videokameras und auch die Lüfter.

Das ist noch nicht alles, denn zusätzlich messen Sensoren u.a. die Luftgüte und zählen den Verkehr. Auch Geisterfahrer werden erkannt. Wie man sieht, ist ein Tunnel eine sehr komplexe technische Anlage.

Steuerung der Technik durch den Tunnelkopf

Damit die gesamte technische Einrichtung funktioniert, ist sie mit einem zentralen Rechner, dem sogenannten Tunnelkopf, verbunden. Der Tunnelkopf ist ein redundantes und hochperformantes Rechnersystem, das sämtliche Informationen der Betriebs- und Sicherheitseinrichtungen sammelt, verknüpft und damit vollautomatische Abläufe der Tunnelanlage steuert. Zusätzlich stellen die Operator:innen in den Verkehrsmanagementzentralen eine unersetzliche menschliche Überwachung sicher, die im Ereignisfall auch eingreifen kann.

Da nicht jeder Tunnel über einen eigenen Tunnelkopf verfügt bzw. bei Kurztunnel die Steuerung auch ohne Tunnelkopf bewerkstelligt werden kann, sind auf unserem Streckennetz österreichweit derzeit 90 Tunnelköpfe im Betrieb. 

Beispiele für die automatische Steuerung der Tunnelanlagen

  • Abhängig vom Tageslicht wird die Beleuchtung gesteuert, d.h. ist es draußen hell, ist die Beleuchtung heller, ist es draußen dunkel, wird auch die Beleuchtung schwächer. Damit wird die Adaption des Auges unterstützt.
  • Bleibt ein Fahrzeug in einer Pannenbucht stehen, wird dieses sofort erkannt und der Tunnelkopf schaltet auf ein Notfallprogramm: Die Bordsteinbeleuchtung beginnt zu blinken, die Ampeln schalten auf Gelbblinken und die Geschwindigkeitsanzeige fährt auf 60km/h runter um alle Fahrzeuglenker:innen vor der Gefahr im Tunnel zu warnen.

Warum ist ein Tunnelkopf so wichtig?

Die Steuerung von Tunnelanlagen durch einen Tunnelkopf zählt laut Netz- und Informationssicherheitsgesetz, kurz NIS-G, zu den sogenannten wesentlichen Diensten, auch kritische Infrastruktur genannt. Aus diesem Grund sind wir verpflichtet, diese Anlagen mit besonderer Sorgfalt zu betreiben. Dazu zählt auch das kontinuierliche Sicherstellen von aktueller Hard- und Software. Auch ein Smartphone ist nur dann vor Cyberattacken sicher, wenn es immer mit der aktuellen Software ausgestattet ist. Um dem Gesetz genüge zu tun, wurde ein Projektprogramm für IT-Security Maßnahmen, das sogenannte NISFIT-Programm, ins Leben gerufen, um diese essentielle Aufgabe auch zeitgerecht erfüllen zu können.

Wie wird ein Tunnel NISFIT?

Um NISFIT zu werden, benötigt es umfassende Analysen der verbauten und eingesetzten Hard- und Software sowie einer sehr sorgfältigen Planung und Umsetzung der Arbeiten. Den Abschluss macht ein umfassender Test der Anlage. Denn nichts ist uns wichtiger, als die Betriebssicherheit unserer Anlagen, um den Verkehrsteilnehmenden höchstmögliche Sicherheit zu bieten.

Das Aktualisieren und Testen erfordert jedoch auch Sperren der Tunnel, weil während dieser Arbeiten die Funktion der Anlage nicht gegeben ist und somit die Sicherheit für die Verkehrsteilnehmenden nicht sichergestellt werden kann.

Was haben unsere Kundinnen und Kunden davon?

Die Antwort ist klar: Verlässlich funktionierende Tunnel, die sicher funktionieren und auch vor Cyberattacken bestmöglich geschützt sind!

Gerhard Hudeček
Gerhard Hudeček

Teamleiter Tunnel Competence Center (TU-CC)

Seit mittlerweile 25 Jahren beschäftigt sich Gerhard Hudeček mit Technik in der Verkehrsinfrastruktur. Darunter unter anderem Notrufsysteme, LKW- aber auch PKW-Mautsysteme und seit einigen Jahren mit der Ausstattung von Tunnel. Straßentunnels sind mit umfangreicher Steuerungs- und Sicherheitstechnik ausgestattet, vom Lüfter bis zur Verkehrsampel. Seit 2015 bei der ASFINAG und seit 2020 ist er als Leiter des Teams TU-CC für das Design und die Funktion von Sicherheitseinrichtungen in Tunnel bzw. deren Steuerung verantwortlich.