Volle Sicherheit auf zwei Rädern: Warum Motorradsicherheit uns alle angeht
Kaum steigen die Temperaturen, steigt auch die Zahl der Motorräder und Motorroller auf unserem Streckennetz. Das Motorrad ist für viele Fahrerinnen und Fahrer nicht einfach ein saisonales Fortbewegungsmittel, es ist eine Lebenseinstellung: Freiheit ist das zentrale Leitmotiv. Gleichzeitig dürfen wir eines nicht vergessen: Motorräder bieten insgesamt weniger Schutz, als Pkw und Lkw – und genau deshalb geht Motorradsicherheit uns alle an. Geben wir aufeinander Acht!Motorradfahren liegt im Trend
Motorradfahren ist absolut im Trend: Laut Statistik waren Ende des Jahres 2021 in Österreich knapp 600.000 Motorräder zugelassen, eine Steigerung um 3,9 Prozent im Vergleich zu 2020. Mehr als 32.000 Motorräder wurden somit neu zugelassen. Der Anteil an allen Kfz beträgt somit gut 8 Prozent.
Unsere Autobahnen und Schnellstraßen sind keine „klassischen“ Motorrad-Strecken. Sie werden viel eher dafür benutzt, um zu den bekannten Ausflugs- und Urlaubszielen bzw. zum Arbeitsplatz zu kommen. Insbesondere im Raum Wien nutzen viele Personen Motorräder für den Weg zur Arbeit und wieder nach Hause.
Die Trends deuten darüber hinaus in Richtung großer Hubraum bei schweren Maschinen sowie zum 125ccm Roller, der mit Führerschein B gefahren werden kann. Und noch ein weiterer „Trend“ macht sich bemerkbar: Die Zahl der Motorradunfälle steigt – auch auf unserem Streckennetz.
Die Unfallzahlen steigen relativ
Auf unseren Autobahnen und Schnellstraßen ereigneten sich im Pandemie-Jahr 2020 80 Unfälle mit Personenschaden auf der Hauptfahrbahn und 29 auf Rampen, an denen Motorradfahrende beteiligt waren. Vier Person kam dabei leider ums Leben, 44 wurden schwer verletzt. Aus den vorläufigen Zahlen 2021 zeigt sich ein ziemlich identes Bild.
Bei 1.601 Kfz-Unfällen mit Personenschaden insgesamt im Jahr 2020 bedeutet das, dass ca. sieben Prozent der Unfälle mit Personenschäden Motorräder – also einspurige Kraftfahrzeuge inkl. Leichtmotorräder und Roller – beteiligt waren. Zum Vergleich: Mit 83 Motorradunfällen betrug dieser Anteil im Jahr 2012 rund 3,5 Prozent. Die Tendenz ist seitdem kontinuierlich steigend. Das liegt natürlich auch daran, dass die Zahl der zugelassenen Motorräder steigt und sich die Mobilität der Menschen nachhaltig ändert.
Die Zahlen aus 2001 bis 2020 zeigen außerdem, dass 40 Prozent der Motorrad-Unfälle zur Kategorie der „Alleinunfälle“ (Unfälle ohne Beteiligung Dritter) gehören. 26 Prozent waren Auffahrunfälle und 18 Prozent passierten beim Fahrstreifenwechsel. Die meisten Unfälle ereigneten sich natürlich im Zeitraum Mai bis September. Bundesweit zeigt sich in der Betrachtung der einzelnen Wochentage kein besonderer „Ausreißer“, statistisch passieren an Freitagen allerdings die meisten Unfälle. In Wien gehen sie an Wochenenden – aufgrund des geringeren Berufsverkehrs – deutlich nach unten, an der A 10 Tauernautobahn liegt hingegen der Samstag ganz vorne. Die größte Unfallhäufung liegt bundesweit zwischen 17 und 18 Uhr, nur in Wien gilt das auch für die Stoßzeit von 6 bis 7 Uhr früh.
Unfallursachen verstehen und vermeiden
Selbstüberschätzung, zu hohe Geschwindigkeiten und Ablenkung zählen auch bei einspurigen Kraftfahrzeugen zu den häufigsten Unfallursachen. Dennoch kommen hier noch einige Besonderheiten hinzu: So sind Motorräder besonders „anfällig“ für Verunreinigungen und Unebenheiten auf der Fahrbahn. Hier sind wir als ASFINAG bemüht, unser Streckennetz so motorradsicher wie möglich zu machen: Wir überprüfen regelmäßig die Griffigkeit und den allgemeinen Zustand der Fahrbahn und führen Fahrbahnreinigungen und tägliche Streckenkontrollen durch.
Zusätzlich setzen wir auch folgende Maßnahmen:
- Einarbeitung laufender Rückmeldungen durch interne Bikerinnen und Biker bei unseren Erhaltungs- und Baumaßnahmen
- Setzen von Einzelmaßnahmen bei Unfallhäufungen (die wir derzeit zum Glück nicht haben)
- Bessere Stauabsicherung und Verkehrsinformation, etwa durch C-ITS
- Monitoring der Unfallentwicklung in Relation zu anderen Verkehrsteilnehmenden
Mit Eigenverantwortung und klaren Verhaltensregeln sicher ans Ziel
Neben den steigenden Unfallzahlen beunruhigt uns auch die Tatsache, dass Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer auf ihren Fahrzeugen weniger geschützt sind, als Pkw- und Lkw-Lenkende hinter ihren Lenkrädern. Aus diesem Grund setzen wir ab sofort den Informationsschwerpunkt „Gebt aufeinander Acht!“ zum Thema Motorradsicherheit.
Den größten Beitrag zu mehr Sicherheit für Motorradlenkende können diese jedoch selbst leisten, indem sie sich an entscheidende Verhaltensregeln halten. Diese wollen wir hier kurz darlegen:
- Saisonstart mit Motorrad-Check
Lassen Sie bei Saison-Start Ihr Motorrad unbedingt durchchecken. Die Technik des Fahrzeugs muss einwandfrei funktionieren: Von Bremsen, Reifen, Antrieb über die Beleuchtung bis zum Motor muss alles in einem optimalen Zustand sein. Stellen Sie darüber hinaus alle Bedienelemente auf Ihren Körper ein. - Immer mit der richtigen Schutzbekleidung
Tragen Sie immer Motorrad-Schutz-Bekleidung – Handschuhe, Stiefel, Nierengurt, Rückenprotektor, Motorradjacke, passende Hose und den richtigen Helm. Vergessen Sie nie: Im Falle eines Unfalls ist das Ihr einziger "Airbag". War ein Helm bereits einem Unfall ausgesetzt, sollte er - unabhängig vom äußeren Erscheinungsbild - ersetzt werden, denn auch Helme haben ein "Ablaufdatum". - Konzentration und Übung bei langen Fahrten
Fahren Sie sich vor langen Fahrten und zu Beginn der Saison langsam "warm" und planen Sie kürzere Etappen ein. Beim Einfahren gewöhnen Sie sich wieder an Ihr Motorrad und auch Ihr Körper kann sich an die veränderten Bedingungen anpassen. Auch wenn es nicht so aussieht, Motorradfahren fordert Ihren Körper stark: die Körpertemperatur, der Blutdruck und auch die Herzfrequenz steigen. - Das Fahrkönnen lässt sich trainieren
Schätzen Sie Ihr Können realistisch ein, alles andere kann fatal enden. Regelmäßige Fahrsicherheitstrainings unterstützen Sie dabei nach einem langen Winter gut in Fahrt zu kommen. Auch wenn Sie in der vorigen Saison versiert waren, verliert sich dieses Können schon mal über die Wintermonate. Besonders wichtig ist das richtige Bremsen! Im Vergleich zum Auto, verschiebt sich beim Bremsen mit dem Motorrad die Last wesentlich vom Hinter- auf das Vorderrad. Übung ist hier wirklich wichtig! - Motoradfahren auf der Autobahn bedeutet Höchstleistung
Die mentale und körperliche Beanspruchung ist beim Motorradfahren viel stärker als beim Autofahren. Deshalb ist es wichtig regelmäßig und öfter als alle zwei Stunden Pause zu machen. Überspringen Sie diese kurzen Auszeiten nicht! - Konzentration hoch halten
Bei langen monotonen Fahrten auf Autobahnen sinkt die Konzentration rasch ab. Auch bei Routine-Wegen, wie etwa jenem zum Arbeitsplatz, ist man gedanklich oft „woanders“. Das kann bei Motorradfahrenden besonders kritisch sein, da sie nicht von einem Fahrzeug geschützt sind. Hier gilt es den Fokus zu behalten und Ablenkung zu vermeiden. Denken Sie hier auch an im Grunde hilfreiche Anwendungen, wie Assistenz- und Navigationssysteme. - Sich Gefahren bewusst sein
Das Motorrad ist auf der Autobahn das „schwächste Glied“. Deshalb sollten Fahrerinnen und Fahrer von einspurigen Fahrzeugen besonders achtsam und vorausschauend fahren. Lkw verursachen zum Beispiel eine starke Sogwirkung und so sollte beim Überholen derselben immer ausreichend Abstand gehalten werden. Aber auch die Sicht und Reaktionsfähigkeit eines Lkw-Lenkenden ist durch die Masse des Fahrzeugs deutlich eingeschränkt. Daran sollten Motorradfahrende stets denken und gefährliche Situationen vermeiden.
Tipps für mehr Motorradsicherheit
Was unsere Kolleginnen und Kollegen Ihnen noch mitgeben möchten...Motorräder sind auf Österreichs Autobahnen und Schnellstraßen meist nur eine „saisonale Erscheinung“, dennoch wollen wir, dass auch diese Verkehrsteilnehmenden immer sicher an ihr Ziel kommen. Dafür braucht es, wie so oft im Bereich der Verkehrssicherheit, ein miteinander und aufeinander Acht geben. Wir wünschen allen Bikerinnen und Bikern einen gelungenen Start in die Saison und appellieren gleichzeitig, vorsichtig und vorausschauend zu fahren. Gute Fahrt, Österreich!