Immer Ärger mit den Baustellen. Aber warum eigentlich?
„Schon wieder eine Baustelle und weit und breit keine Arbeiter zu sehen. Das ist doch typisch!“ Seien wir doch ehrlich: Das haben wir alle schon mal auf unserem Weg in die Arbeit oder in den Sommerurlaub gedacht.Wir kennen Einwände wie diesen und verstehen das Unverständnis vieler Fahrerinnen und Fahrer in diesem Moment. Bevor ich aber das Rätsel löse, warum tatsächlich keine Arbeiterinnen und Arbeiter zu sehen sind, ist es mir wichtig hervorzuheben, dass Baustellen auf unseren Autobahnen und Schnellstraßen eine absolute Notwendigkeit sind. Bau- und Sanierungsarbeiten sorgen langfristig dafür, dass Sie gut vorankommen. Gleichzeitig sorgen gut erhaltene Straßen aber auch für mehr Sicherheit und Komfort während der Fahrt sowie weniger Lärm für die Bewohnerinnen und Bewohner der Umgebung, weil sie Fahrbahngeräusche minimieren.
Trotz aller Notwendigkeit, tauchen beim Thema Baustellen immer wieder Fragen auf. Alles, was Sie schon immer wissen wollten, sich schon oft gefragt haben, aber vielleicht noch nie eine Antwort erhalten haben - dieser Beitrag soll für mehr Verständnis sorgen.
Warum bauen wir „immer“ in der Hauptreisezeit?
Gibt es eine „ideale“ Zeit für Baustellen? Mal ist es zu heiß, mal zu kalt, mal sind zu viele Touristinnen und Touristen und dann wiederum zu viele Pendlerinnen und Pendler unterwegs. Tatsache ist aber: Es gibt gute Gründe, warum wir gerade in den warmen Monaten verstärkt bauen und sanieren.
In und rund um große Städte ist der Verkehr immer sehr dicht, besonders in der Früh und am späten Nachmittag, wenn viele Pendlerinnen und Pendler in die Arbeit und wieder nach Hause fahren. In den Sommermonaten schaut es da etwas anders aus. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind im Urlaub und so ist es auch verkehrstechnisch um einiges entspannter. Weniger Verkehr ist immer gut, wenn es ums Bauen und Sanieren geht.
Die Sommerferienmonate sind etwa in Wien die einzige Zeit im Jahr, in der wir auch am Tag Fahrstreifen sowie Auf- und Abfahrten sperren können. Das machen wir aber natürlich nur dann, wenn es keine andere Möglichkeit gibt.
Auf Strecken wie zum Beispiel der A 10 Tauern Autobahn sind wir in den Sommermonaten eher zurückhaltend. Hier werden Baustellen rückgebaut, damit der Urlauberreiseverkehr ungehindert fließen kann. Bauarbeiten finden auf diesen „Hauptreiserouten“ meistens im Frühjahr und Herbst statt, wenn weniger Autos auf der Straße sind.
Die Frage, warum wir also „gerade jetzt im Sommer“ bauen, lässt sich mit der Verkehrsbelastung und Verkehrsdichte zumindest ein Stück weit beantworten. Ein weiterer wichtiger Punkt, neben den Verkehrszahlen, ist die Wetterlage: Viele Arbeiten können wir nur bei warmen Temperaturen und trockenem Wetter durchführen. Eine gewisse Zeit an trockenen, warmen Tagen muss einfach sein, um sinnvoll bauen und sanieren zu können.
Warum dauern Baustellen immer so lang?
Wir bemühen uns Baustellen immer so rasch wie möglich fertigzustellen. Gleichzeitig müssen wir auf die Qualität achten. Einfach nur „schnell, schnell“ ist hier der falsche Ansatz. Wenn die Qualität nicht passt, können bald wieder Schäden auftreten und wir müssen eine neue Baustelle einrichten. Das nutzt niemanden.
Schnell, schnell ist auch deshalb nicht möglich, weil viele Baumaterialien oft bestimmte Bedingungen brauchen, um richtig eingebaut zu werden. Für manche Arbeiten muss der Untergrund trocken sein (z.B. Markierungen), Beton muss genügend Zeit zum Aushärten haben, um Belastungen aufnehmen zu können und manche Arbeiten benötigen eine ganz bestimmte Abfolge. Da kann der fünfte Schritt nicht vor dem ersten gesetzt werden. Deshalb benötigen Baustellen eine solide Planung und eine gewisse Zeit, um gut zu werden.
Kann man Baustellen nicht „auf einmal“ und in „einem Aufwasch“ erledigen?
Wann immer wir bauen oder sanieren, bemühen wir uns alle Fahrstreifen und Streckenverbindungen aufrecht zu erhalten. Dafür sind oft mehrere Verkehrsführungen und Bauphasen notwendig. Einfach einen kompletten Autobahnabschnitt zu sperren, um ihn dann „in einem Aufwasch“ zu sanieren, ist nur in wirklichen Extremsituationen sinnvoll – zum Beispiel dann, wenn massive Schäden durch Umweltkatastrophen, Unfälle oder Brände entstanden sind, die ein gefahrloses Fahren auf der Strecke unmöglich machen.
Bei der Planung von Baustellen schauen wir auch darauf, dass keine „überlange“ Baustelle entsteht bzw. es nicht mehrere Baustellen gleichzeitig und hintereinander gibt. Da gibt es vorgeschriebene Richtlinien in unterschiedlichen Kategorien, die wir einhalten müssen. (Diese Kriterien erklären wir Ihnen in diesem Blogbeitrag.)
Warum sind keine Arbeiter zu sehen, wenn man auf der Autobahn fährt?
Diese Frage erreicht uns wirklich sehr häufig, gleichzeitig ist sie schnell und einfach beantwortet: Im Brückenbereich wird viel unter der Brücke gearbeitet. In Tunnel bauen und sanieren wir oft hinter den Tunnelwänden. Und manchmal müssen unsere Baustellenmitarbeiterinnen und –mitarbeiter einfach warten, bis alle Materialien getrocknet sind. So benötigt beispielsweise Beton seine Zeit, bis er nach dem Einbau oder Auftragen belastet werden darf. Dasselbe gilt auch für Asphalt und Markierungsarbeiten. Sie würden sich ja auch nicht auf eine frisch gestrichene Parkbank setzen, nicht wahr? Baustellen können also erst dann freigegeben werden, wenn alles trocken, voll funktionsfähig und belastbar ist.
ine Sache gibt es hier vielleicht noch zu ergänzen: Trotz fortschreitender Digitalisierung ist bei unseren Baustellen immer Muskelkraft notwendig, sprich Arbeiterinnen und Arbeiter leisten harte Arbeit. Laut Arbeitsgesetzt haben sie ein Recht auf Pausen - und diese gönnen wir ihnen gerne. Vielleicht ist ja auch das der Grund, warum Sie gerade im Moment des Vorbeifahrens keine Arbeiterinnen und Arbeiter sehen.
Warum bauen wir eigentlich nicht ausschließlich nachts?
Wir verstehen diesen oft geäußerten Wunsch von Fahrerinnen und Fahrern, aber das Bauen in der Nacht hat einige, nicht sofort ersichtliche, Nachteile:
- Anrainerinnen und Anrainer werden mit Lärm belästigt, wenn sie in Ruhe schlafen wollen.
- Die Zeitfenster zum Bauen sind sehr kurz, meist nur von 22:00 bis 05:00 Uhr.
- Dadurch würde sich die Dauer der Baustellen verlängern.
- Das Arbeiten unter Verkehr ist für die unsere Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter in der Nacht gefährlicher, da viele Fahrenden oft schneller unterwegs und nicht mehr so konzentriert sind.
- Das nächtliche Bauen ist teurer. Es kommen Nachtzuschläge für Arbeiterinnen und Arbeiter oder Sondergenehmigung für Lkw-Fahrten hinzu.
- Darüber hinaus wäre es bei den meisten Baustellen trotzdem nicht möglich, alles wegzuräumen und die Fahrbahn für den Tag uneingeschränkt befahrbar zu machen. Es wären also Bereiche der Fahrbahn gesperrt, obwohl keiner arbeitet.
Wir bauen nur dann in der Nacht, wenn es die Art der Arbeiten zulässt, wenn wir etwa die Sperren für den Tag wieder aufheben können, und in Siedlungsnähe nur, wenn es vom Verkehrsaufkommen her nicht anders geht.
Warum sind Absperrungen immer so lang, aber die Baustellen an sich relativ kurz?
Spursperren beim Sicherheitsausbau A 8
Wann immer es möglich ist, schränken wir den Verkehr so wenig wie möglich ein. Das funktioniert aber nicht immer. Manchmal ist der Baustellenabschnitt einfach nicht breit genug für ein sicheres Arbeiten. Dann müssen wir einen Fahrstreifen sperren.
Die Länge der Sperre ist von mehreren Faktoren abhängig. Der Verkehr muss vor und nach der Baustelle sicher auf- und abgeleitet werden. Wir informieren die Fahrerinnen und Fahrer schon früh mit Hinweisen zur Baustelle, damit sie sich rechtzeitig auf die Situation auf der Straße einstellen können und sicher durch die Baustelle geführt werden.
Vor dem eigentlichen Baubereich setzen wir immer einen Sicherheitsbereich von mindestens 100 Metern. Dieser dient der Sicherheit der Arbeiterinnen und Arbeiter, sollte etwa ein Fahrzeug von der Fahrbahn abkommen.
Längere Absperrungen sind aber auch dann notwendig, wenn innerhalb eines bestimmten Streckenabschnitts Arbeiten „wandern“ und ein Verlegen der Absperrung unter Verkehr schwierig, riskant oder nicht möglich ist. Darunter fallen zum Beispiel kleine Ausbesserungsarbeiten oder auch Mäharbeiten.
Wo ist der Unterschied zwischen Beton und Asphalt? Wann kommt was zum Einsatz und warum?
Asphalt kommt immer nur als Fahrbahnbelag zum Einsatz. Beton nutzen wir als Fahrbahnbelag, aber auch für das Errichten von Brücken, Tunnel, Leitwänden und ähnlichen Bauwerken. Welches Material wir für die Fahrbahn letztendlich einsetzen, hängt von der Verkehrsbelastung (Anzahl der Fahrzeuge und Anteil des Schwerverkehrs) und den örtlichen Gegebenheiten von Fall zu Fall ab.
Die Wahl des verwendeten Materials ist immer ein Kompromiss aus vielen Faktoren. Pauschal kann man nicht sagen, dass Beton oder Asphalt besser ist. Beides hat Vor- und Nachteile. Betondecken sind wesentlich langlebiger als Asphaltdecken, was sich auf die Betriebskosten auswirkt. Asphalt wiederum ist beim Einbau flexibler, immun gegen Hitzeschäden und auch einfacher zu sanieren. Dafür haben wir nach heißen Perioden auf Asphaltfahrbahnen verstärkt Spurrinnen zu verzeichnen, die wiederum bei Betondecken nicht auftreten. So eindeutig ist die Wahl zwischen Beton und Asphalt also nicht.
Wie lange dauert das Aushärten von Fahrbahnen?
Je nachdem wie dick die eingebaute Asphaltschicht und wie warm die Umgebungstemperatur ist, kann es zwischen 5 und 15 Stunden dauern, bis die Fahrbahn trocken ist. Bei Beton ist das Ganze schon etwas komplizierter:
Wenn nur einzelne Betonfelder kaputt sind, dann nutzen wir einen speziellen, sehr teuren Beton, der extrem schnell aushärtet. So können wir einzelne Schadstellen innerhalb einer Nacht sanieren und in der Früh wieder für den Verkehr freigeben. Wenn die komplette Betonfahrbahn erneuert werden muss, dauert es natürlich länger. Setzen wir auf Beton, dann können einzelne Baufahrzeuge bereits nach 24 Stunden die Fahrbahndecke befahren. Endgültig fest wird Beton aber erst nach 28 Tagen. Auch das ist erneut ein Grund, warum manchmal keine Arbeiterinnen und Arbeiter auf der Baustelle zu sehen sind.
Gibt es Gegenden in Österreich, die besonders baustellenintensiv sind? Wo kommen Baustellen gehäuft vor?
In der Umgebung von Großstädten und auf Transitrouten ist das Verkehrsaufkommen meistens viel höher als in anderen Regionen, daher müssen wir Strecken in diesen Bereichen auch öfter sanieren. Denn: Dort wo die meisten Fahrerinnen und Fahrer unterwegs sind, dort wird die Straße am meisten beansprucht.
Gibt es typische Winter- oder Sommerschäden und saisonale Baustellen?
Es gibt zahlreiche Baustellen, die immer nur saisonal auftreten. So entstehen im Sommer vermehrt Schäden durch Hitze: Zum Beispiel können Betonfelder in der Fahrbahndecke aufplatzen. Im Winter hingegen kommt es oft zu so genannten Frostsprengungen, die gerichtet werden müssen, sobald die Tage wieder wärmer werden. Bauteilen mit Stahlkonstruktionen, wie etwa Brücken, macht das Salz des Winterdienstes zu schaffen. Dieses dringt durch die feinen Risse im Beton ein, dieser platzt und die Stahlstäbe kommen zum Vorschein. Das führt zu Korrosion und somit zu weniger Stabilität.
Zu den saisonalen „Baustellen“ zählen auch Grünschnitt, Mäharbeiten oder die Pflege des Mittelstreifens. „Gebaut“ wird hier natürlich nichts, aber dennoch kommt es auch hier zu Absperrungen.
Sie sehen also, viele Fragen rund um das Thema Baustelle sind relativ einfach zu beantworten und es gibt gute Gründe, warum Sie im Augenblick des Vorbeifahrens vielleicht keine Arbeiterinnen und Arbeiter sehen. Falls Sie trotz des Beitrags immer noch Fragen zu Baustellen haben, freuen wir uns diese im Kommentarfeld zu beantworten. Bis dahin wünsche ich Ihnen eine gute und sichere Fahrt!