Achtung Mautkontrolle – Mein Tag mit dem Service- und Kontrolldienst
Den rund 100 Mitarbeitenden vom Service- und Kontrolldienst (SKD), besser bekannt als Mautaufsichtsorgane oder Vignetten-Kontrolleurinnen und -Kontrolleure, eilt ihr Ruf voraus. Sie sind die diejenigen, die Strafen verhängen müssen, wenn die Vignette nicht bezahlt oder die Go-Box nicht aufgeladen wurde. Ob dieser Ruf gerechtfertigt ist, und was die Mitarbeitenden des SKD den Tag über zu tun haben, durfte ich mir genauer angesehen.Unterwegs war ich für das Online-Team der Abteilung Marketing und Kommunikation der ASFINAG, wo ich ein zweimonatiges Praktikum absolvierte. Um Einblick in die Arbeit des SKD zu bekommen, begleitete ich einen Tag lang zwei Teams aus den Stützpunkten St. Pölten und Oeynhausen bei ihren Kontrollen.
Beim Einsatz ist Sicherheit das A und O
Mein Tag startete in Siebenhirten. Christopher und Gerhard, meine Kollegen für diesen Vormittag, holten mich ab und fuhren mit mir auf die A 4 Ost Autobahn nach Nickelsdorf zur Vignettenkontrolle. Sie erzählten mir von ihrer langjährigen Tätigkeit bei der ASFINAG. Gerhard ist bereits stolze 26 Jahre und Christopher auch schon über neun Jahre mit dabei.
Damit es losgehen kann, zogen wir uns die Sicherheitskleidung an. Ich wurde mit Warnweste und Reflektoren ausgestattet. Gerhard und ich fuhren mit dem Einsatzfahrzeug vor. Christopher stieg auf ein zweites ASFINAG-Fahrzeug um.
Auf der Autobahn angekommen, stellten wir die Fahrzeuge mit großem Abstand voneinander am rechten der beiden Fahrbahnstreifen ab und sperrten diesen für die Vignettenkontrolle. Ich wurde in die Sicherheitsvorkehrungen eingewiesen. Zwei große LED-Anzeigen am Fahrzeugdach, sogenannte Early-Warner, wurden eingeschalten. Mit Pfeilen weisen sie auf das Befahren des linken Fahrstreifens hin. Pylone und Warndreiecke erhöhen die Sichtbarkeit. „Sicherheit hat immer oberste Priorität – man darf nie vergessen, dass man auf einer Autobahn unterwegs ist!“ erzählte mir Gerhard. Weitere Pylone verschmälern den linken Fahrstreifen, um die Geschwindigkeit der Durchfahrenden zu minimieren. Nach dem zweiten Einsatzfahrzeug gibt es eine Haltemöglichkeit. Diese wird genutzt, um bei Auffälligkeiten die Vignette genauer zu überprüfen ohne den Verkehr aufzuhalten.
Christopher und Gerhard bauten noch die Kamera für die Kontrolle der Digitalen Vignette im Bereich zwischen den beiden Einsatzfahrzeugen auf. Die Kamera wird auf einem Stativ, in Kennzeichenhöhe, befestigt. Außerdem ist die Kamera mit einem Smartphone verbunden, das dann später für die Kontrolle verwendet wird.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – die Vignettenkontrolle
Dann ging's los. Wir standen auf beiden Seiten des befahrenen Fahrstreifens, damit Christopher und Gerhard die herankommenden Autos prüfen können. Ich war ziemlich aufgeregt, denn trotz der Sicherheitsvorkehrungen befanden wir uns immer noch mitten auf einer Autobahn!
Für die Kontrolle der Digitalen Vignette kommen die Kamera und das Smartphone zum Einsatz. Während das Fahrzeug langsam an der Kamera vorbeifährt, wird das Kennzeichen automatisch mit einer Datenbank abgeglichen, um zu prüfen, ob eine Digitale Vignette registriert ist. Diese Daten werden binnen Sekunden an das Smartphone in den Händen des Kontrolleurs gesendet.
Ist eine Digitale Vignette auf das Kennzeichen registriert, kann die:der Fahrer:in unbehelligt weiterfahren. Andernfalls erfolgt ein weiterer Blick auf die Windschutzscheibe des Fahrzeugs, ob eine Klebevignette ordentlich angebracht ist. Dabei achten Christopher und Gerhard auch auf die Echtheit (Hologramm) und das Stechdatum bei Kurzzeitvignetten. Die Fahrzeuge, die weder eine Digitale noch eine Klebevignette haben oder bei denen ein Fehler bei der Klebevignette festgestellt wird, werden mit Handzeichen zur Seite gewiesen.
Im ersten Auto, das wir an dem Tag herauswinkten, saßen zwei junge Damen. Gerhard bat die Fahrerin nach einem Ausweis und den Fahrzeugpapieren, und fragte, ob sie Deutsch oder Englisch spricht. Es stellt sich raus, dass beide nur Italienisch verstanden, doch auch auf solche Situationen ist man vorbereitet. Gerhard reichte ihnen eine Information in ihrer Sprache. Darin werden sie auf die Vignettenpflicht in Österreich sowie auf die Höhe der Ersatzmaut bei Vergehen hingewiesen. Das sind bei einem Motorrad 65 Euro, bei einem Pkw 120 Euro und bei einem Lkw 240 Euro. Die beiden Frauen wirkten uneinsichtig und hatten obendrein kein Geld mit. Die Fahrerin rief darauf einen Bekannten an, der Deutsch spricht und sich anscheinend in der Nähe befand. Gerhard telefonierte mit ihm und erklärte ihm die Situation. Kurze Zeit später fuhr der Mann auf die Autobahn und brachte das Geld für die Ersatzmaut. Die Fahrerin erhielt eine Rechnung, die Informationen über die Vignette in ihrer Landesprache sowie den Hinweis, dass diese Quittung zwei Tage als Ersatzmaut gilt. Dann konnten die beiden wieder weiterfahren.
Während viele Fahrzeuge mit gültiger Vignette die Kontrolle passierten, winkte Christopher ein weiteres Fahrzeug zur Seite.
Ein altes Paar hatte die Vignette nur mit einem Klebestreifen an der Windschutzscheibe befestigt. Christopher zeigte den Insassen, wie sie richtig aufzukleben ist. Er erklärte, dass ihre Vignette nicht gültig angebracht ist und somit € 120 Ersatzmaut zu zahlen sind. Die Frau begann zu weinen. „We are honest people, but we are poor and forgot to pay“, schluchzte die Urlauberin. Ich war überrascht über diesen Gefühlsausbruch, aber Christopher erklärte mir: „Gefühle sind bei Kontrollen nichts Ungewöhnliches: Viele werden wütend, beschimpfen uns wüst, drücken auf die Tränendrüse, versuchen uns zu bestechen oder werden sogar tätlich.“ Mir wurde klar: Für diesen Job braucht man viel Erfahrung und eine dicke Haut.
„Die ASFINAG finanziert sich nicht aus Steuergeldern, sondern nur durch die Bezahlung von Maut und Vignette. Durch die Kontrolle stellen wir sicher, dass die Leute, die die Autobahn benützen, auch bezahlen. Nur so können Straßen, Brücken und Tunnel ausgebaut oder saniert werden.“, klärte mich Christopher auf.
Nach langem Hin und Her wollte das Paar die Ersatzmaut mit Bankomatkarte begleichen. Dafür kamen die beiden mit zum Einsatzfahrzeug. Christopher erfasste die Daten und die Art des Vignettenfehlers am Computer und überreichte ihnen die Rechnung. Das Paar konnte weiterfahren, die Tränen waren schnell versiegt.
Detektivarbeit bei der Lkw-Streife
Am Nachmittag ging es für mich weiter zum Stützpunkt Oeynhausen auf der A 2 Süd Autobahn zur Lkw-Streife. Fahrzeuge über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht unterliegen einer kilometerabhängigen Maut. Für die Entrichtung der Maut wird im Fahrzeug eine sogenannte Go-Box montiert. Wie viel ein Kilometer kostet, wird unter anderem nach der Anzahl der Achsen und der Emissionsklasse berechnet (Go-Maut). Fährt ein Lkw oder Bus unter einem auf den Autobahnen und Schnellstraßen stehenden Portal durch, wird mittels Mikrowellentechnologie die entsprechende Maut von der Go-Box abgebucht. Dabei ertönt ein Signalton, alles ist okay. Piepst die Go-Box aber mehrmals, deutet das auf einen Fehler hin. Mögliche Gründe sind:
- Es konnte keine Maut abgebucht werden.
- Das Guthaben geht zu Ende.
- Eine Datenänderung ist notwendig.
- Die Go-Box muss getauscht werden.
Michael und Paul empfingen mich und bereiteten mich für die bevorstehende Lkw-Streife vor. Michael ist zweifacher Familienvater und schon einige Jahre bei der ASFINAG, genauso wie Paul, der mittlerweile in Pension ist. Paul erinnerte sich an die Umstellung im Jahr 2003, als man mit der Vignettenkontrolle begonnen hat. „Ich wurde sogar von einem Autofahrer angefahren. Er wollte nicht zahlen und ist weggefahren. Dann hat er sein Auto gewendet und ist direkt auf mich losgerast. Zum Glück ist nur mein Arm verletzt worden. Durch die Wucht des Aufpralls ist sogar der Seitenspiegel des Pkws abgebrochen.“ Ich war entsetzt, aber Paul nahm es mit Gelassenheit. „Das ist schon viele Jahre her. Heute, würde ich gleich hinter die Leitplanke springen. Damals war ich Mitte 40 und noch neu in diesem Bereich.“
Damit ich bei der Kontrolle mithelfen konnte, wiesen mich die beiden in die Technik des Einsatzfahrzeuges ein. Meine Aufgabe war es, das Tablet, das vor mir befestigt war, im Auge zu behalten. Denn darauf empfangen die Mitarbeitenden Infos über die Lkw, deren Go-Box fehlerhaft ist. Wir waren im Einsatzbereich der A 4 Ost Autobahn und S 1 Wiener Außenring Schnellstraße unterwegs. Auf unserem Einsatzfahrzeug war eine Kamera, ähnlich wie auf den Portalen, befestigt. Michael erzählte: „Fährt ein Lkw mit einer fehlerhaften Go-Box an unserem Einsatzfahrzeug vorbei oder durch ein Portal in dem beobachteten Streckenabschnitt, erscheint dieser Lkw auf dem Tablet.“
Auf meinem Tablet tauchte der erste Lkw mit fehlerhafter Go-Box auf. Es wurde spannend! Ich durfte Paul den Weg ansagen, indem ich mithilfe von Michael und den Koordinaten die Fahrzeit des herankommenden Lkws berechnete. Der Lkw war nur noch einige Sekunden entfernt, wir warteten auf ihn am Pannenstreifen. Wir überprüften das Kennzeichen, fuhren dann auf die Fahrbahn und überholten ihn. Ich durfte die LED-Tafeln einschalten, auf denen für den Lkw-Fahrer zu lesen ist: BITTE FOLGEN. Wir wiesen ihn zu einem nächstgelegenen Parkplatz.
Auf meine Frage, was das Beste an ihrer Arbeit ist, erzählte mir Paul: „Das ist das Besondere an unserem Job. Ich habe eine Verantwortung gegenüber meinem Kollegen und mir selber. Die Bewegungsfreiheit, die diese Aufgabe bietet, möchte ich nicht mehr gegen reine Büroarbeit tauschen.“
Ähnlich wie bei der Vignettenkontrolle wurde der Fahrer dann begrüßt und nach seinen Papieren gefragt. Rasch wurde ihm vom Kontrolleur erklärt, dass er im Dezember des Vorjahres Österreich durchquerte, seine Go Box zu diesem Zeitpunkt nicht aufgeladen wurde und er deswegen eine Ersatzmaut von € 240 begleichen muss.
„Viele laden ihre Go-Box zwar wieder auf, haben aber in der Vergangenheit keine Maut bezahlt“, erklärt mir der zweifache Familienvater Michael. Der Fahrer ist zwar nicht erfreut, aber einsichtig. Ich durfte sogar ein Foto von ihm während der Kontrolle machen. Die Rechnung wurde in den Computer eingegeben, diese und die Information über die Ersatzmaut bekam der junge Mann mit.
Für den Lkw-Fahrer ging die Fahrt wieder weiter. Für mich endete dieser Tag hier und die Kollegen brachten mich über die S 1 Wiener Außenring-Schnellstraße wieder zurück nach Siebenhirten.
Mein Eindruck: Es braucht Regeln, Verantwortung und gute Nerven
Mein Tag beim Service- und Kontrolldienst war wirklich beeindruckend. Eines ist für alle Beteiligten klar: Kontrolliert wird niemand gern! Die ASFINAG und ihre vielen Mitarbeitenden arbeiten hart, damit jede Person sicher, rasch und möglichst staufrei an ihr Ziel kommt. Dafür ist die Einhebung der Maut wichtig. Denn diese sichert den Ausbau und Betrieb der Österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen.
Für mich ist klar: Die Mautaufsichtsorgane sind keine Bösewichte. Wer sich nicht an die Vignettenpflicht hält, muss dafür die Rechnung tragen. Das mag niemanden erfreuen, aber fair ist es gegenüber allen, die ihre Vignette für ihr Fahrzeug gekauft haben.