Ein heißer Sommertag im Juli, die Hitze flirrt über dem Asphalt, braun-trocken knirscht das Gras auf der Wiese. Kein ungewöhnliches Bild im österreichischen Sommer, solche Tage verbringt man idealerweise im Schatten, am Wasser oder in einem gekühlten Haus bzw. Wohnung. Zwei heiße Sommertage nacheinander, auch diese Aussicht lässt uns gelassen, die Hitze wird schon vorbeigehen. Drei heiße Tage? Vier? Fünf? Zehn? Irgendwann kommt nicht nur der menschliche Körper, sondern auch die Natur und Infrastruktur an ihre Grenzen, um mit dem Klima umzugehen. 

Das gilt natürlich nicht nur für Hitze, auch starke Niederschläge oder Winde können unsere Umgebung nur in gewissen Maßen unbeschadet überstehen. Dass die Häufigkeit solcher starken bis extremen Wetterereignisse in den letzten Jahren zugenommen hat, ist kein Zufall. Laut Analysen, die das CCCA, das Climate Change Center Austria im Jahr 2024 veröffentlicht hat, ist die Jahresmitteltemperatur bis zum Jahr 2023 in Österreich seit der vorindustriellen Zeit (1850-1900) um 2.9 °C gestiegen.

 

 

Wir befinden uns also mitten in der seit Jahrzehnten von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern prognostizierten Klimaerwärmung. Was können wir nun tun, um die Auswirkungen auf Menschen, Infrastruktur und Umwelt gering zu halten? Hier gibt es zwei bekannte Ansätze – Reduktion (Mitigation) der klimaschädlichen Emissionen und Anpassung (Adaption) an die zukünftigen klimatischen Gegebenheiten. 

Die ASFINAG hat im Jahr 2023 damit begonnen, sich intensiv mit der Erstellung einer Klimarisikoanalyse und den erforderlichen Anpassungen an den Klimawandel auseinanderzusetzen. Gemeinsam mit GeoSphere Austria wurden im Rahmen des Projekts „Anpassung an den Klimawandel“ umfassende Klimakarten für die Infrastruktur der ASFINAG in ganz Österreich erstellt. Diese Karten sind jetzt im ASFINAG-GIS verfügbar und liefern wertvolle Einblicke in die klimatische Zukunft. Die Klimakarten zeigen, wie sich verschiedene Klimaindikatoren bis zum Jahr 2100 verändern könnten.

Warum ist das für die ASFINAG und ihre Infrastruktur wichtig?

Eine der Hauptaufgaben der ASFINAG ist es, ein sicheres Straßennetz zur Verfügung zu stellen – und das möglichst vorausschauend, nachhaltig und innovativ. Die Infrastrukturen sind auf lange Lebensdauern ausgelegt, dabei sprechen wir von ca. 30 Jahren bei Straßen und ca. 70-100 Jahren bei Brücken und Tunneln. Damit die Straßen, Brücken und Tunnel auch wirklich so lange sicher betrieben werden können, müssen wir uns bei der Errichtung Gedanken um den gesamten Lebenszyklus machen. Das gilt auch, für die Klimabedingungen, die heute, in 30 Jahren und auch im Jahr 2100 vor Ort vorliegen werden. 

Diese zukünftigen Klimabedingungen können wir natürlich nicht punktgenau prognostizieren, aber mit Hilfe der Klimakarten, die gemeinsam mit der GeoSphere Austria erarbeitet und erstellt wurden, haben wir einen Überblick über die wahrscheinlichen Szenarien und können uns darauf vorbereiten. Auf Basis der prognostizierten Szenarien wurde eine Risikobewertung der einzelnen Klimaindikatoren für Aktivitäten der ASFINAG gemäß EU-Taxonomie-VO durchgeführt.

Die Notwendigkeiten zur Anpassung an den Klimawandel betreffen zum Beispiel die Bautätigkeit. Die Zeiträume, um verschiedene Bauarbeiten durchführen zu können, hängen oft von den geltenden klimatischen Rahmenbedingungen ab. Das Klima hat also einen Einfluss auf die Arbeitsmaschinen im Betrieb, auf die Materialien, die gelagert und eingebaut werden müssen und in erster und wichtigster Linie auf die Arbeitssicherheit und Arbeitsbedingungen der Menschen, die auf der Baustelle tätig sind – die selbstverständlich unter allen Umständen gewährleistet werden muss. 

Nicht nur in der Bauphase, auch für den Betrieb des Autobahnen- und Schnellstraßennetzes sind die Klimabedingungen besonders wichtig. Mildere Winter können die Anforderungen an den Winterdienst stark verändern. Immer stärkere bzw. öfter auftretende extreme Wetterereignisse haben eine erhebliche Auswirkung auf die Verfügbarkeit unserer Infrastruktur und können starke Schäden zur Folge haben. So werden zum Beispiel durch starke Niederschläge und Winde Hangrutschungen und Muren wahrscheinlicher, aber auch vermehrt auftretende Frost-Tau-Wechseltage, sowie extreme Hitze können die Lebensdauer unserer Bauwerke vermindern oder mehr Sanierungs- bzw. Reparaturmaßnahmen notwendig machen.   

In den kommenden Jahren beschäftigt sich die ASFINAG stark damit, wie die möglichen Schadenszenarien, die durch die Klimaerwärmung immer wahrscheinlicher werden, mit baulichen, betrieblichen und organisatorischen Maßnahmen gemindert werden können. Dazu evaluieren wir nun, auf Basis der durchgeführten Klimarisikoanalyse, konkreten Anpassungsbedarf für unser Netz und unsere Infrastrukturen. Um hier von der Theorie in die Praxis zu kommen, binden wir auch die Kolleginnen und Kollegen in den Regionen ein, die mit ihrer langjährigen Erfahrung aus dem täglichen Geschäft einen sehr wertvollen Beitrag leisten.

Das Projekt PARATUS

Wir setzen stark auf den Austausch mit anderen Infrastruktur- und Mobilitätsunternehmen sowie Universitäten und Wissenschaftlichen Einrichtungen, um Synergien zu finden und Wissen auszutauschen. Ein Projekt, welches wir an dieser Stelle besonders hervorheben möchten, ist das Projekt PARATUS.

Seit 2022 arbeitet die ASFINAG unter anderem gemeinsam mit der Universität Wien und der EURAC (ein privates Forschungszentrum in Bozen, Südtirol) an der Analyse von Mehrfachgefahren und deren Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Verkehr.

Was genau ist hier mit Mehrfachgefahren gemeint? Hier sprechen wir von verschiedenen Einzelereignissen wie starker Niederschlag, Rutschungen bzw. Muren oder Überflutungen, die sich gegenseitig beeinflussen und oft gleichzeitig oder aufeinanderfolgend auftreten. Dies hat zur Folge, dass sich auch die Schadenspotenziale verstärken und bis zum Katastrophenereignis führen können. So kann ein Sturm beispielsweise Schutzwälder zerstören und dadurch die Wahrscheinlichkeit von Hangrutschungen oder Steinschlägen erhöhen. Ebenso kann eine Überschwemmung wichtige Infrastruktur beschädigen und langfristige wirtschaftliche sowie soziale Folgen nach sich ziehen.

Darum ist es wichtig, solcheEreignissen mit Strategien und Maßnahmen vorbeugend entgegenzutreten. Zuerst muss ein Verständnis geschaffen werden, mit welchen kurz- und langfristigen finanziellen Konsequenzen diese Ereignisse auftreten. Gleichzeitig müssen auch die möglichen Wechselwirkungen zwischen den Gefahren und deren Auswirkungen auf Umwelt sowie Menschen analysiert werden. 

Um die herauszufinden, welche Schadensereignisse im Wipptal relevant sind, hilft ein Blick in die Vergangenheit,. Anhand von Ereignisdatenbanken (z. B. von GeoSphere, Landesgeologie und der Wildbach- und Lawinenverbauung) konnten wir uns bereits einen guten Überblick über die bereits aufgetretenen Ereignisse verschaffen. Folglich können wir analysieren, welche Gefahren in den verschiedenen Bereichen des Brenner-Korridors am dominantesten sind, wobei auch kritische Monitoring-Bereiche bereits identifiziert wurden.

Die ASFINAG beteiligt sich mit Analysen rund um den Brenner-Korridor, wobei im Rahmen von PARATUS noch weitere Fallstudien (Karibik, Istanbul, Bukarest) und deren unterschiedlichen Naturgefahren (u.a. Erdbeben, Vulkanismus, Überschwemmungen) sowie unterschiedliche gefährdete kritische Infrastrukturen thematisiert werden.  

 

Das Klima verändert sich, Österreich befindet sich bereits mittendrin und spürt die Auswirkungen von Jahr zu Jahr intensiver. Vorbeugende Maßnahmen, um sichere und langlebige Infrastrukturen zur Verfügung zu stellen, müssen also bereits jetzt geplant und getroffen werden. Eine gute Vorbereitung sowie eine fundierte Analyse der möglichen Szenarien und deren Auswirkungen sind hierfür notwendig – daran arbeiten wir in der ASFINAG bereits intensiv. 

Simone Berg
Simone Berg

Abteilungsleiterin Konzernsteuerung

Simone Berg ist seit 2024 als Abteilungsleiterin der Konzernsteuerung für die strategischen Bereiche Nachhaltigkeit, Energie, Multimodalität sowie Parken & Rasten zuständig. Ihr Ziel ist es, die ASFINAG als nachhaltige, stabile Partnerin in der Mobilitätswende und Energiewende zu etablieren. Ganz im Sinne der Multimodalität ist sie meist am Rad anzutreffen.