Oft kommen solche Situationen zum Glück nicht vor. Wenn sie aber eintreten, sitzt der Schock meist tief. Was ist in so einer Situation zu tun und was unbedingt zu vermeiden? Wie kommt es überhaupt zu Geisterfahrer:innen-Situationen? Was sagt die Statistik und wie gehen unsere Mitarbeitenden in diesen Fällen vor? Wir haben für Sie die wichtigsten Informationen in diesem Beitrag zusammengefasst.

Warum und wie kommt es zu Geisterfahrten?

Eines vorweg: Nur die wenigsten Geisterfahrer:innen entscheiden sich bewusst dazu, Falschfahrende zu sein. Meist geraten sie durch grobe Fahrlässigkeit oder Unachtsamkeit in diese lebensgefährlichen Situationen. Die Gründe und Ursachen sind vielfältig:

  • Sie sind unachtsam oder abgelenkt.
  • Sie sind mit den Verhältnissen auf der Straße überfordert.
  • Sie nehmen Alkohol, Drogen oder Medikamente.
  • Sie haben gesundheitliche Probleme oder Selbstmordabsichten.

Aus diesen Gründen kann es praktisch überall zu Geisterfahrten kommen - nicht nur auf unseren Autobahnen. Fest steht, dass es immer seltener die Auffahrten an den Anschlussstellen oder Parkplätzen sind, die Geisterfahrten verursachen. Oft liegt es an den Fahrzeuglenker:innen selbst, weil sie direkt auf der Autobahn wenden oder gesperrte Betriebsbereiche nutzen.  

Achtung bei manchen Navigationssystemen: Auch wenn das Navi zum Wenden auffordert, keinesfalls umdrehen, sondern bis zur nächsten Anschlussstelle weiterfahren! 

Am 24.4. 2018 bemerkte unser Streckendienstmitarbeiter Michael Leister, wie ein Autofahrer beim Portal des Tunnels Neumarkt auf der S 10 umdrehte. Geistesgegenwärtig sprang der Kollege aus seinem Fahrzeug und stoppte den Falschfahrer. Durch das rasche Handeln konnte Schlimmeres verhindert werden. Der aufgehaltene Geisterfahrer wollte eine kurze Sperre des Tunnels für den Abbau einer Tagesbaustelle nicht abwarten.

Was tut die ASFINAG gegen Geisterfahrende?

Wir bei der ASFINAG evaluieren regelmäßig unsere Strecken, setzen auf Bewährtes oder testen neue Lösungen für mehr Verkehrssicherheit.  

  • Geisterfahrer-Warntafeln 
    Mit mehr als 400 Geisterfahrer-Warntafeln warnen wir in den Auffahrtsbereichen der Autobahnen.
  • Sensoren auf der Fahrbahn
    Wir haben Sensoren auf der Fahrbahn, die sofort Alarm schlagen, wenn ein Fahrzeug entgegen der Fahrtrichtung unterwegs ist.
  • Geisterfahrer-Sperren (Geisterfahrerkrallen)
    Insgesamt sind ca. zwanzig Geisterfahrerkrallen im Boden der Fahrbahnen in unserem Streckennetz verbaut. Fährt ein Fahrzeug falsch auf die Autobahn auf, löst sich die Sperre. Ein Scherengitter mit scharfen Stahlspitzen springt aus dem Boden, durchbohrt die Reifen und stoppt die Geisterfahrt noch bevor sie richtig begonnen hat.
  • Evaluierung von auffälligen Streckenabschnitten
    Problemstellen, von denen verstärkt Geisterfahrten ausgehen, werden regelmäßig und ganz genau evaluiert. Je nach Bedarf kommen Schilder, bessere Beleuchtung, Bodenmarkierung oder bauliche Änderungen zum Einsatz.

Ein neuer Ansatz gegen Geisterfahrten ist die 3D-Markierung. Mit diesem Pilotprojekt testen wir bei der Anschlussstelle Judenburg/Fohnsdorf auf der S 36, am Zubringer zur A 2 bei Mooskirchen, bei der Anschlussstelle der A 2 Feldkirchen bei Graz und bei der Raststation Arnwiesen/Gleisdorf an der A 2, ob und wie farbige 3D-Markierungen auf der Fahrbahn Geisterfahrten verhindern können.  

Die Markierung wirkt dank des 3D-Effekts wie eine optische Barriere und zeigt dem:der Geisterfahrenden, dass er:sie in die falsche Fahrtrichtung unterwegs ist. In die richtige Fahrtrichtung fahrende Verkehrsteilnehmer:innen merken von dieser optischen Täuschung nichts.

Funktioniert die 3D-Markierung so wie erhofft im Langzeittest, ist eine Ausweitung vorgesehen.

Richtig, blitzschnell und mutig reagierte am 9.2.2022 um 4 Uhr unser Mitarbeiter Christian Pirolt, als ihm auf der A 9 Pyhrn Autobahn kurz vor der Anschlussstelle Seiersberg ein Pkw entgegenkam. Er schaltete sofort alle Warnlichter seines Lkw ein und näherte sich dem Pkw langsam, den er schließlich auf der dritten Fahrspur zum Halten zwingen konnte. Die von ihm alarmierte Verkehrsmanagementzentrale Plabutsch hatte in der Zwischenzeit auch bereits die Autobahnpolizei Graz-West informiert, die innerhalb kürzester Zeit vor Ort war.

Mit seinem Einschreiten hat Pirolt Schlimmeres verhindert. Der Geisterfahrer hätte möglicherweise in den Plabutschtunnel fahren können. Auch wenn um diese Uhrzeit im zehn Kilometer langen Tunnel sehr wenig Verkehr ist, hätte das schlimm enden können.

Was sagt die Statistik zu Geisterfahrenden?

Laut dem Kuratorium für Verkehrssicherheit ist der „typische“ Geisterfahrer immer noch männlich und alkoholisiert. 390 Mal hat eine Geisterfahrer:innenmeldung das Ö3-Radioprogramm im Jahr 2022 unterbrochen, das sind nahezu gleich viele wie im Jahr davor (388). Positiv ist, dass im Jahr 2022 niemand bei einem Unfall mit einem:einer Geisterfahrenden ums Leben kam. Hier finden Sie die aktuelle Geisterfahrerstatistik von Ö3.

Wie hoch die exakte Anzahl an Falschfahrten in Österreich tatsächlich ist, kann die Statistik aber nicht eindeutig festmachen. Ein großer Teil der Geisterfahrten nimmt ein glückliches Ende – die Falschfahrer:innen verlassen die Autobahn unbemerkt.

Im Februar 2017 wurden unsere beiden Mitarbeiter Johann Schalk und Christian Haubenwaller während ihrer Kontrollfahrt auf der S 6 auf Höhe des Tunnels Spital Zeugen einer Geisterfahrt. Eine Autofahrerin drehte auf der anderen Seite bei der Betriebszufahrt um und fuhr als Geisterfahrerin durch die Tunnelröhre in Richtung Wien. Die beiden Steirer reagierten schnell, alarmierten die Überwachungszentrale Bruck und fuhren selbst bis zur Anschlussstelle Spital auf die andere Richtungsfahrbahn. Sie stoppten den Verkehr und schlussendlich auch die Geisterfahrerin, die gerade langsam aus dem Tunnel Spital herauskam. Christian Haubenwaller: „Sie war sichtlich verwirrt und hat offenbar nicht gewusst, wo sie ist. Wir haben sie dann in unseren Streckenbus gesetzt, bis die Polizei eintraf."

Wie verhält man sich bei einer Geisterfahrer:innenwarnung richtig?

Wenn Sie über den Verkehrsfunk eine Geisterfahrer:innenmeldung hören oder selbst eine Geisterfahrt sehen, sollten Sie Folgendes beachten:

  • Bleiben Sie ruhig.
  • Reduzieren Sie Ihre Fahrgeschwindigkeit.
  • Erhöhen Sie den Abstand zum Auto vor Ihnen.
  • Reihen Sie sich auf dem rechten Fahrstreifen ein und überholen Sie nicht.
  • Bleiben Sie nach Möglichkeit beim nächsten Parkplatz/Rastplatz stehen und warten Sie bis der:die Geisterfahrer:in die Autobahn verlassen hat.

Geisterfahrer:in gesichtet? Verständigen Sie uns am besten per Notrufsäule. Durch die Nutzung der Notrufsäule wissen wir sofort, auf welcher Strecke, in welcher Fahrtrichtung und bei welchem Kilometer Sie sich befinden. Wir melden den Geisterfahrenden sofort der Polizei und leiten alle weiteren Maßnahmen ein. 

Hilfe, ich bin Geisterfahrer:in! Was jetzt?

Falls Sie selbst jemals in die Situation kommen Falschfahrer:in zu sein:

  • Schalten Sie die Warnblinkanlage und das Abblendlicht ein.
  • Halten Sie am nächstgelegenen Fahrbahnrand an.
  • Ziehen Sie Ihre Warnweste an.
  • Steigen Sie aus dem Auto und bringen Sie sich hinter der Leitschiene in Sicherheit.
  • Fahren Sie keinesfalls im Rückwärtsgang zur Auffahrt zurück.
  • Wenden Sie nicht; kreuzen Sie keinesfalls die Fahrbahn.

Warten Sie auf Hilfe – unsere Mitarbeiter:innen sind bereits unterwegs!

Im Juni 2017 sahen Gottfried Lederhilger von der ABM Ansfelden und Martin Wittig vom Asset Management zufällig, wie ein Oldtimer-Fahrer die Grüninsel eines Kreisverkehrs in Unterweitersdorf bei der S 10 rammte. Der Lenker setzte seine Fahrt unbehelligt fort und wollte auf die nächste Rampe flüchten – eine Ausfahrtspur. Mit beherztem Einsatz schaffte es Gottfried Lederhilger, den Autofahrer vor einer Geisterfahrt zu bewahren. Dieser wendete jedoch und raste erneut davon. Die alarmierte Polizei schaffte es schließlich diese Risikofahrt zu beenden.

Häufig gestellte Fragen zu Geisterfahrten auf Österreichs Autobahnen

Immer wieder erreichen uns über unsere sozialen Netzwerke Fragen rund um das Thema Geisterfahrer:innen. Wir haben für Sie die wichtigsten Antworten zusammengefasst:

  • Wie kommt ein:e Geisterfahrer:in wieder von der Autobahn?
    Die meisten Geisterfahrenden verlassen die Autobahn sowohl unbeschadet als auch unbemerkt. Bei eingehenden Geisterfahrer:innenmeldungen befahren wir gemeinsam mit der Polizei den Streckenabschnitt. Gibt es tatsächlich eine Geisterfahrt, sperren wir den entsprechenden Abschnitt und bringen den:die Falschfahrende:n sicher von der Autobahn.
  • Wie hoch sind die Strafen für Geisterfahrten?
    Beim Fahren gegen die Fahrtrichtung auf der Autobahn gibt es eine Geldstrafe von bis zu 2.180 Euro. Zusätzlich wird der Führerschein für mindestens 6 Monate entzogen.
  • Warum gibt es so viele Geisterfahrer:innen in Österreich?
    Wie viele Geisterfahrten es tatsächlich innerhalb eines Jahres gibt, ist schwer zu überprüfen. Statistiken beruhen zum Teil auf automatisch erfassten Falschfahrten und zum anderen auf Meldungen von Verkehrsteilnehmenden. Mit anderen Ländern vergleichbar ist nur die Anzahl der Unfälle mit Geisterfahrer:innen-Beteiligung. Im EU-Vergleich gibt es in Österreich keinen Unterschied in der Anzahl oder den Umständen von Geisterfahrten. Das Verkehrsnetz der ASFINAG gehört sogar zu den sichersten in Europa.
  • Warum kann man Geisterfahrende nicht aufgrund der ASFINAG-Kamera-Daten ausfindig machen und bestrafen?
    Unsere Kameras entlang der Autobahnen zeichnen den Verkehr im Freiland aus Datenschutzgründen nicht auf, sondern verfolgen die aktuelle Verkehrslage. Daher ist das Nachverfolgen von Geisterfahrer:innen in diesem Sinne nicht möglich.
  • Warum nutzt die ASFINAG keine Geisterfahrerkrallen?
    Doch, das tun wir. Allerdings haben Geisterfahrerkrallen auch Nachteile: Sie sind unter anderem sehr wartungsintensiv. Und unsere Auffahrten werden natürlich regelmäßig überprüft. Die Markierungen für die Spurführung sind dabei wichtig, die Geisterfahrer-Warntafeln gibt es.

Unsere Kollegen Andreas Czernoch und Christian Reithofer von der Mautaufsicht Region Ost trauten ihren Augen kaum, als sie sahen, wie eine Lenkerin auf der Abfahrt Fischamend einfach umdrehte und gegen die Fahrtrichtung weiterfuhr. Die beiden setzten der Geisterfahrt sofort ein Ende. Wie sich herausstellte, hatte die Lenkerin die Ausfahrt Flughafen verpasst. Dem Zustand ihres Autos nach zu urteilen, dürfte die Geisterfahrerin schon öfter riskante Fahrmanöver absolviert haben.

Was können wir zu Geisterfahrten zusammenfassend sagen?

Geisterfahrten sind das Ergebnis komplexer Zusammenhänge. Daher ist es umso wichtiger, den gesamten Kontext zu verstehen. Ein steigendes Verkehrsaufkommen bei einer abfallenden Zahl an Geisterfahrer:innenmeldungen ist dabei ein klares Zeichen von mehr Sicherheit auf unseren Straßen. Gleichzeitig zeigt sich, dass menschliches Fehlverhalten – Ablenkung, Unachtsamkeit und der Missbrauch von bewusstseinserweiternden Mitteln – die Hauptursache für das Fahren gegen die Fahrtrichtung ist.

Abends auf der Autobahn auf dem Weg nach Hause daher tatsächlich einem Geisterfahrenden zu begegnen, ist zum Glück eher unwahrscheinlich. Es ist dennoch sinnvoll, sich für diese Situation mit dem richtigen Wissen auszustatten.

 

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Bernhard Lautner
Bernhard Lautner

Verkehrssicherheitsexperte und Strategy Owner der ASFINAG für Verkehrssicherheit

Hat als Mautprojektleiter vor fast zwanzig Jahren in der ASFINAG begonnen und ist seit 2005 für die Verkehrssicherheitsarbeit in der ASFINAG verantwortlich. Dazu gehört die statistische Aufbereitung von Unfallstatistiken, Gutachten und Stellungnahmen, Betreuung von Verkehrssicherheitsprojekten und Innovationen sowie das ASFINAG Verkehrssicherheitsprogramm 2030. verkehrssicherheit.asfinag.at