Wir schreiben das Jahr 1982. Das erste Autobahn-Arbeitsjahr für unsere Kollegen Kummer und Vogl. Während die Meisterei Alland neu gebaut und damals hochmodern im Wienerwald in Betrieb geht, ist die A 21 noch gar nicht fertiggebaut. Und auch nach ihrer Verkehrsfreigabe im selben Jahr, bleibt es recht ruhig auf der Gebirgsautobahn vor den Toren Wiens. Anton Vogl erinnert sich: „Die Leute haben die A 21 „Oachkatzl-Autobahn“ genannt. Weil das Einzige, das sich auf ihr bewegt hat, Eichkätzchen waren.“

Diesen Umständen auf der „Allander“ sind so manche, aus heutiger Sicht unvorstellbare, Eigenheiten früherer Winterdienste zu verdanken. Josef Kummer erinnert sich lebhaft: „Damit wir den Schnee von der gesamten A 21 bekamen, fuhren wir früher immer ein Stückerl in den Räumabschnitt der anderen Partie rein. Und um wieder von der Autobahn runter zu kommen mussten wir danach bis zur nächsten Ausfahrt zurückschieben. Das war damals einfach die Vorgabe.“ Dazu sei an dieser Stelle angemerkt, dass in den 1980er Jahren drei heute wichtige Anschlussstellen erst als Zeichnungen auf dem Papier existierten. Kummer weiter: „Weil die Spiegel an den Räum-Lkw so klein waren und du nichts gesehen hast, wenn’s richtig geschneit hat, musste der Beifahrer aussteigen und den Fahrer beim Rückwärtsfahren von der Autobahn aus anweisen.“

Wir waren im Winter 36 Stunden im Dienst. In der Jugend war das eine Hetz.
Josef Kummer

Spitzpflüge, „Saurer“-Lkw

Die heutigen 400 PS starken Allrad-Lkw mit Joy-Stick-Steuerung für die Pflüge stehen da im krassen Gegensatz zur Winterflotte in den Anfangsjahren der ABM Alland. In den Hallen standen da unter anderem Fixpflüge, die ausschließlich nach rechts räumen konnten. Spitzpflüge  wurden hauptsächlich genutzt, um Eis wegzukratzen. Und dann war da noch der „Saurer“-Lkw, das erklärte Lieblingsstück des St. Pöltners Vogl. „Ein Truck wie aus amerikanischen Filmen“, schwärmt er. „Total unübersichtlich, aber der hat toll ausgesehen.“ Eines hatten alle Räumfahrzeuge nicht: Allrad. Also wurden vor jedem Einsatz Schneeketten aufgezogen. Und auch gestreut wurde damals anders. „Salz war teuer und kostbar“, erzählt Familienvater Kummer, „wir haben also Split verwendet.“

Transportiert wurde der aber nicht am Räumfahrzeug, sondern mit separaten Autos. „Die sind extra angefordert und bei uns beladen worden. Erst danach ging es auf die Strecke. Auf der Schneefahrbahn war der Split perfekt, ihn später wieder zusammenzukehren war weniger lustig“, erinnert sich Josef Kummer. Damals fuhr man nicht so wie heute sofort hinaus, also lag nicht nur bereits viel Schnee auf der Fahrbahn, sondern der war auch festgefahren. Um den Schnee wieder wegzubekommen, waren an der Unterseite der Frontpflüge viereckige Messer befestigt. „Keine Ökoräumleiste wie heute“, lacht Anton Vogel, „sondern große, nach vorne gebogene Messer, die den Schnee richtig von der Fahrbahn geschert haben. Die waren so unvorteilhaft montiert, dass wir vor Fahrbahnübergängen stehen bleiben mussten, um den Pflug zu heben. Sonst wären wir hängen geblieben.“

Das Leben nach einem Dienstplan wird mir nicht fehlen. Die Kollegenschaft aber sehr wohl.
Anton Vogl

Der Winterdienst erforderte es auch, selbst Hand anzulegen. „Notrufstellen, Parkplätze und Brücken haben wir freigeschaufelt. Damit sollte verhindert werden, dass der Schnee untertags abtaut und in der Nacht wieder anfriert. Auch so haben wir Salz gespart.“

Mit im Gepäck an Erinnerungen haben die beiden Pensionsanwärter auch Anekdoten. Der aus Bad Vöslau stammende Kummer erzählt: „Einmal hatte im Winter ein Pärchen eine Panne. Die fuhren zum Opernball und waren nicht gerade warm angezogen. Die saßen dann so lange bei mir im Lkw, bis der ÖAMTC gekommen ist.“  Und Anton Vogl hat eine solche, die mit seinem Nachnamen zu tun hat: „Im 93er-Jahr ist ein Lkw mit gefrorenem Geflügel umgefallen. Lauter Weihnachtsgänse lagen auf der A 21 verstreut.“

Auch wenn der Rückblick eine leicht sentimentale Stimmung aufkommen lässt, die Aussicht auf einsatzfreie Wintertage zaubert beiden Kollegen ein Lächeln ins Gesicht. „Uns hat die Arbeit echt gut gefallen, aber künftig gibt’s kein Leben mehr nach Dienstplan.“

Alexandra Vucsina-Valla
Alexandra Vucsina-Valla

Pressesprecherin Ost Region

Arbeitet seit 2006 in der ASFINAG und ist Pressesprecherin für Wien, Niederösterreich und Burgenland. Für Alexandra ist wichtig so viel Info wie nur möglich nach außen zu geben. Nur wer umfassende gute Infos hat, ist auch in der Lage Dinge zu verstehen und sich eine unvoreingenommene Meinung zu bilden.