„Ich bin gehörlos: Wie kann ich bei einer Panne Hilfe holen?“

 „Ich bin eine Mitreisende und blind: Wie kann ich die Informationsdienste der ASFINAG in Anspruch nehmen?“

„Ich bin Rollstuhlfahrer:in und finde auf Ihrem Rastplatz keinen Tisch, der mit meinem Rollstuhl unterfahrbar ist!"

Viele potenziellen Barrieren entlang unseres Streckennetzes sind auf den ersten Blick nicht sichtbar. Für Personen ohne Beeinträchtigungen bleiben diese auch meist verborgen. Umso wertvoller ist das direkte Feedback unserer Kund:innen, die uns auf solche Barrieren hinweisen.

So kamen und kommen immer wieder berechtigte Fragen auf: Kommt ein:e Rollstuhlfahrer:in ohne Hindernisse in das WC? Sind dort alle Griffe und Einrichtungsgegenstände an der richtigen Stelle montiert und gut erreichbar? Ist der Türöffnungswiderstand richtig eingestellt? Gibt es eine Notrufmöglichkeit und lässt sich diese problemlos bedienen?

Wussten Sie? Rund 70.000 Reisende besuchen täglich unsere Rastplätze. Ungefähr 7.000 davon haben eine Behinderung. Um eine bequeme Nutzung zu ermöglichen, muss aber die Infrastruktur für alle passen. Auf alle Details zu achten ist eine spannende Herausforderung.

Kontinuierlich verbessern und barrierefrei werden

Einfache und für die meisten Fahrerinnen und Fahrer selbstverständliche Dinge können anderen Mitmenschen ihre Reise enorm erschweren. Wir haben unsere Kundeneinrichtungen deshalb einem Qualitätscheck unterzogen. Dieser hatte gezeigt, dass Menschen mit Behinderung auf unserem Netz grundsätzlich gut zurechtkommen, gleichzeitig wurden wir auf einige Verbesserungsmöglichkeiten hingewiesen. Unter anderem entdeckten wir

  • Behindertenstellplätze ohne Rampe zum Gehsteig
  • Falsch montierte Haltegriffe in den barrierefreien Toiletten
  • Zu hohe Türöffnungswiderstände
  • Nicht ausreichend markierte Glaswände
  • Nicht unterfahrbare Jausen-Tische

Unsere Aufgabenliste war lang, aber sie hat uns auch sensibilisiert und auf dieses wichtige Thema aufmerksam gemacht. Denn es sind oft kleine Dinge, die Menschen mit Behinderung in sehr unangenehme Situationen bringen.

„Was nützt mir ein vorab angekündigter barrierefreier Rastplatz, wenn das Behinderten-WC gerade saniert wird und das Vorankündigungsschild nicht abgedeckt oder entfernt wurde?“ beklagte sich zum Beispiel eine Kundin bei einem Mitarbeitenden unserer Autobahnmeistereien.

Wir haben aus solchen Vorfällen gelernt. Seit den Ergebnissen des Qualitätschecks beseitigen wir ganz gezielt nicht nur die Barrieren auf der Autobahn, sondern auch jene in unseren Köpfen. Vieles ist bereits umgesetzt oder schon in Angriff genommen. Das Bewusstsein für mögliche Barrieren für Menschen mit Behinderung steigt und so fahren wir mit immer offeneren Augen auf unserem Streckennetz.

Eine penible Überprüfung aller Rastanlagen am ASFINAG-Netz hatte rund 3.000 Einzelmaßnahmen für wesentliche Verbesserungen zur Folge. Dafür nehmen wir regelmäßig viel Geld in die Hand.
Bernhard Hintermayer Strategische Entwicklung von Rastanlagen und Multimodalität

Gleicher Service für alle – manchmal eine Herausforderung

Die Aufgabe größtmöglicher Barrierefreiheit auf einer Autobahn ist vielschichtig und manchmal treffen Anforderungen aufeinander, die kaum vereinbar sind. Einen Tunnel für eine Pannen- oder Notsituation komplett barrierefrei zu gestalten und die allgemeine Verkehrssicherheit zu erhalten, ist leider unmöglich.

Hier ein konkretes Beispiel: Behindertenstellplätze sind in der Regel schräg angeordnet und weisen eine Abmessung von 3,50 x 5,00 Meter auf. Ein „normaler“ PKW-Stellplatz ist in der Regel 2,30 x 5,00 Meter groß. Die Pannenbuchten im Tunnel sind Längsparkstreifen mit 3 Metern Breite. Um die erforderliche Parkplatzbreite für das gefahrlose Ein- und Aussteigen für Rollstuhlfahrer zu gewährleisten, müssten wir alle Tunnel verbreitern.

Deshalb sind wir gefordert, möglichst taugliche Lösungen für alle zu finden. Vor diesem Hintergrund packen wir an ganz vielen Stellen an und beziehen dabei Autofahrerinnen und Autofahrer mit Behinderung mit ein.

Zu unseren wichtigsten Schwerpunkten für eine größtmögliche Gleichstellung unserer Kund:innen gehören:

  • Umfassend rollstuhlgerechte Rastmöglichkeiten
  • Alle ASFINAG Rastplätze mit barrierefreien WC-Anlagen
  • Ankündigung und Kennzeichnung der barrierefreien WC-Anlagen an den Vorwegweisern entlang der Autobahnen und Schnellstraßen
  • Notruf mit Gegensprechanlage in den barrierefreien WC-Anlagen
  • Automatisierte Türöffnungssysteme in jedem Behinderten-WC
  • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auch sprachbeeinträchtigten Anrufenden an der Hotline Auskunft geben können
  • Notruf für Gehörlose per SMS an unseren Notrufsäulen
  • Barrierefreier Zugang zu unserer Website und zu unserem gedruckten Infomaterial

In den letzten Jahren haben wir auf 69 Rast- und Parkplätzen Maßnahmen für eine barrierefreie Nutzung unserer Rastanlagen gesetzt. Unter anderem wurden elektrische Schließsysteme in den barrierefreien WC-Anlagen installiert, das Abfallsystem barrierefrei gestaltet oder auch unser Feedbacksystem für Rollstuhlfahrende zugänglich gemacht.

Weiters rollen wir im Jahr 2022 unser Schulungssystem für ASFINAG Mitarbeitende hinsichtlich der Barrierefreiheit am Autobahn- und Schnellstraßennetz aus, um unseren Blick auf die Barrierefreiheit zu schärfen und etwaige Missstände sofort erkennen und beseitigen zu können.

Auch bei den ASFINAG Innovationstagen 2021 wurde von der Mitarbeiterin Eszter Schranz die Idee eingebracht, durch Einsatz von Gebärdensprache eine Verbesserung der barrierefreien Kommunikation für gehörlose Menschen zu erweiterten. Dies wurde in die ASFINAG Strategie aufgenommen und hilft uns zu einem verbesserten Informationsaustausch im Sinne von barrierefreiem Reisen und der der Erhöhung der Verkehrssicherheit.

Wir wissen, dass noch viel Arbeit vor uns liegt. Gleichzeitig freuen wir uns, unserer Kundschaft bereits heute ein verbessertes Service entlang unseres Streckennetzes bieten zu können. Geben Sie uns die Möglichkeit zur weiteren Verbesserung und lassen Sie uns von Ihren Erfahrungen lernen. Was funktioniert gut? Wo gibt es Verbesserungspotenzial? Was würde Ihnen persönlich das Fahren und Rasten auf unseren Autobahnen und Schnellstraßen erleichtern?

Wir freuen uns über Ihre Anregungen!

Ulli Vielhaber
Ulli Vielhaber

Strategy Owner Nachhaltigkeit, Ökologisierung, Umweltschutz

Ulli Vielhaber arbeitet seit 5 Jahren in der ASFINAG und ist als Strategy Owner in der Konzernsteuerung für die ASFINAG Agenden für Nachhaltigkeit, Ökologisierung und Umweltschutz zuständig. Sein Ziel ist es, die Dekarbonisierung der ASFINAG als Unternehmen und des ASFINAG Straßennetzes so schnell wie möglich voranzutreiben. Durch Spiel, Sport und Spaß mit Familie und Freunden schöpft er die dafür notwendige Energie.